Feierabend

[goldie]

"Ja, ich kann mir ja auch keine Situation vorstellen, in der du Syron töten wollen würdest", schloss sie dieses Thema ab.

Auf seine letzte Frage antwortete sie leise: "Syron ist nicht mein Freund." Dann war sie sehr auf das ausziehen ihrer Rüstung fixiert. Doch Enric kannte sie gut genug um zu wissen, dass diese Frage in ihr rumorte. Sie verstaute die Rüstung an ihrem Platz und noch immer war kein Wort gefallen. Sie setzte sich wieder zu Enric und seufzte.

"Was sollte es denn bringen, wenn ich es Owen oder Koi erzähle? Inzwischen vertrauen mir die beiden halbwegs. Das werde ich nicht kaputt machen. Lass die Toten ruhen, oder wie sagt man so schön?"

[Anne]

"Es ist natürlich deine Entscheidung und wenn du das Thema nicht mehr in deinem Leben haben willst und damit abgeschlossen hast, ist das völlig in Ordnung. Ich dachte nur, dass du diese Angst, dass sie es irgendwann von jemand anderem erfahren, belastend finden könntest. Vielleicht würde es dir gut tun, von ihnen zu hören, dass sie dich nicht dafür verurteilen. Akaavi und ich hat es ja auch nicht abgeschreckt. Wir sind immer noch bei dir. Auch Corbyn, obwohl es ihn ja auch ziemlich... betroffen hat. Und jeder von uns vertraut dir noch immer. Vielleicht noch mehr als vorher, weil du uns getraut hast. Eine andere Idee wäre, es mit Xid zu besprechen, um es selbst besser zu verarbeiten. Das könnte dir vielleicht sogar gegen die dunkle Seite helfen. Aber wie gesagt, das liegt ganz bei dir", sagte Enric leise.

[goldie]

"Als wenn ich jemals damit abschließen könnte", zischte sie verbittert. "Und Corbyn hat es mir auch nie wirklich verziehen. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich so vieles anders machen." Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Sei es drum. Damals, als ich mich gegen Malgus entschieden habe, bin ich davon ausgegangen, dass er es meinen Freunden verrät. Ich habe mich also schon damals damit abgefunden. Wenn ich auf die dunkle Seite geraten würde, weil ich es für mich behalte, würde ich reinen Tisch machen. Aber das ist nicht nötig. Weder bei unseren Freunden, noch bei einem dahergelaufenen Doc."

[Anne]

"Ich finde es nicht überraschend, dass Darth Malgus dein Geheimnis gewahrt hat. Er hat es - auf seine Art - irgendwie gut mit uns gemeint, weißt du?" Um nicht einen neuerlichen Streit über ihren alten Meister vom Zaun zu brechen und weil es ihn wirklich interessierte fragte Enric: "Was würdest du denn anders machen, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?"

[goldie]

Jolene atmete durch. Auch ihr war nicht danach zumute wegen ihres alten Meisters zu streiten. Also überging sie Enrics Einwurf und beantwortete stattdessen seine Frage.

"Ich würde nach einem Gegenmittel suchen. Mehr über die Techsig rausfinden, ihre höchsten Ebenen infiltrieren. Und dann würde ich sie alle retten. Und danach die Techsig stürzen." Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Das Problem war, dass ich geglaubt habe, alles ausgeschöpft zu haben, um sie zu retten. Ich habe Drohnen entführt und an ihnen experimentiert. Ich... Ich habe sogar ihre Gehirne aufschnitten, um...." Jolene verstummte und starrte ins Leere, während Bilder ihrer Vergangenheit an ihrem inneren Auge vorbeirasten.

[Anne]

Enric konnte sich gerade so davon abbringen, einzuwerfen für wie sinnlos er diese damaligen Bemühungen hielt, vor allem da Jolene mit Sicherheit nur über sehr mangelhafte anatomische und neurologische Kenntnisse verfügte.
"Du hast eben alles getan, was dir zur damaligen Zeit möglich war. Ich weiß nicht, ob es gut gewesen wäre, wenn du dich jahrelang - vielleicht über Jahrzehnte hinweg - an diese vage Hoffnung geklammert hättest, ihnen noch irgendwie helfen zu können. Vielleicht wäre es selbst mit dem größtmöglichen Geheimwissen nicht reversibel gewesen. Du hast jedenfalls den letzten Teil, deines Vorhabens, die TechSig zu stürzen, ziemlich gut bewältigt", flüsterte Enric möglichst einfühlsam und nahm seine Freundin in den Arm. "Wenn du in dich hineinhörst und du deinen Vater fragen könntest, was er getan hätte, dann kennst du die Antwort darauf schon. Er hat dieselbe Entscheidung für deine Mutter getroffen. Und das sage ich jetzt nicht bloß, weil wir beide nie zusammen gekommen wären, wenn du dich damals nicht so entschieden hättest."

[goldie]

Jolene ließ sich von Enric halten. Dachte an ihren Vater. An ihre Mutter. "Corbyn..." Sie atmete durch und setzte neu an. "Er hat behauptet, dass Vater Ma gar nicht geliebt hat und er froh war, sie auf diese Weise loszuwerden... Ich meine, das kann doch nicht sein. Er hat sie geliebt. Aber vielleicht hätte es auch für sie noch eine Chance gegeben, wenn er sich nur mehr bemüht hätte." Sie schniefte leise.

[Anne]

"Manchmal kann es der größte Liebesbeweis sein, loslassen zu können. Wenn man es schafft, die eigene Angst, die Person zu verlieren, und den Schmerz, den das mit sich bringen wird in Kauf zu nehmen um dem geliebten Menschen Leid zu ersparen... Dann zeugt das sicherlich nicht davon, dass man den leichten Weg bevorzugt hat. Das sind natürlich nur hypothetische Überlegungen von mir. Ich weiß nicht, wie ich in derselben Situation handeln würde und möchte es auch nicht herausfinden müssen. Vermutlich gibt es da auch nicht den einen richtigen Weg", antwortet er leise, während er liebevoll über ihr Haar strich. "Ich wünsche dir nur, dass du dir irgendwann selbst vergeben kannst."

[goldie]

Abrupt löste Jolene sich von ihrem Freund und setzte ein Lächeln auf: "Genug von diesen alten Geschichten. Lass uns eine Runde laufen gehen. Wir kommen noch ganz außer Form." Schon war sie aufgesprungen und versuchte ihn mit hochzuziehen.

[Anne]

Offenbar wollte Jolene nicht mehr darüber sprechen. Enric ließ es auf sich beruhen und erhob sich widerwillig.
"Was, jetzt noch?" Er blickte auf die Uhr. Seine Motivation schien sich sehr in Grenzen zu halten. "Bei dem Gelände hier kann man doch gar nicht richtig laufen gehen. Überall sind Abgründe, in die man stürzen kann oder Unebenheiten, über die man stolpern würde...", suchte er nach Ausreden.

[goldie]

Jolene sah ein, dass er Recht hatte, doch sie wollte keinesfalls zu diesem Thema zurückkehren. Sie zog ihr Übungslichtschwert, ohne es zu aktivieren. "Dann kämpfen wir eben!"

[Anne]

"Damit bin ich einverstanden. Ich wollte eh gern mal wieder trainieren. Vielleicht können wir danach noch ein bisschen meditieren. Auch wenn ich diesmal gerne vor dem Sonnenaufgang schlafen gehen würde", sagte Enric, lächelte und küsste Jolene. Dann zog er sich um, löste sein Übungslichtschwert vom Gürtel und verließ das Zelt mit seiner Freundin, um beim Training die Unannehmlichkeiten des Tages zu vergessen.