Ein neuer Anfang

[Anne]

Ria setzte sich überrascht auf. "Wollte er? Nee, wusste ich nicht. Ich dachte es nur, weil Jolene unbedingt wollte und er früher oder später eh immer kleinbei gegeben hat. Also jetzt hätte er es echt fast gemacht, hm? Haha, das war knapp. Fast hätte ich mir noch ein schickes Kleid kaufen müssen. Und du einen Anzug. Na sicher hätten sie dich eingeladen. Was denkst du denn? Deine Schwester hat nicht viel von dir gesprochen aber ich weiß, dass sie dich lieb hat. Darum denke ich mir, wirst du auch schon ganz ok sein..."
Nachdem Corbyn seine Frage gestellt hatte, überlegte Ria einen Moment. Dann sagte sie: "Er kann Gedanken lesen, Illusionen erzeugen und aus deiner Wahrnehmung verschwinden. Das mit den Illusionen hat er ab und zu Mal gemacht, zum Beispiel wenn er irgendwas zeigen wollte. Ich glaube, Jolene fand das eigentlich ganz gut. Klar, das ist irgendwie Geistesbeeinflussung und es ist wahrscheinlich nicht erwiesen, ob das irgendwie Probleme geben kann, wenn man das jeden Tag macht. Aber deine Schwester hat selber einen Geist aus Beskar. Da kommst du nicht einfach rein und kannst drin herum werkeln, wie es dir passt. Die Chancen, dass sie das mitkriegt und sogar verhindern kann stehen ziemlich gut. Während es bei euch Normalen, die ihr nichts mit der Macht zu tun habt, nicht so ist. Und das ist der Punkt. Ich meinte einfach, dass er ihr in so ziemlich allem haushoch überlegen ist, weil er sie glauben lassen kann, was immer er will. Er kann einfach so wissen, was sie denkt. Und wenn er eine Illusion macht, merkt sie's nicht. Ist halt alles nicht so gut für eine Beziehung, finde ich. Weil vielleicht auch nach und nach die Hemmschwelle sinkt, sowas zu machen, wenn das Risiko erwischt zu werden gleich null ist. Davor wollte ich sie einfach nur warnen."

[goldie]

Corbyn schaute nachdenklich in die Ferne. "Eigentlich hatte ich nichts gegen ihn. Er hat meiner kleinen Schwester wohl durch eine ziemlich üble Zeit geholfen. Duan sagt, ohne ihn wäre sie viel früher durchgedreht und mit Sicherheit auf der dunklen Seite gelandet, was ja anscheinend nicht besonders toll ist. Ich wünsche ihm das jedenfalls nicht... Ach ja, sag Princess nicht, dass er sie geliebt hat und schon gar nicht, dass er sie heiraten wollte. Sie glaubt, er hat sie die ganze Zeit belogen. Ich denke mal, das war seine Art ihr klarzumachen, dass es aus ist. Sie war zum Schluss komplett von ihm abhängig. Dr. Püppi hin oder her. Sie hat ihm was bedeutet. Es ist schwer, mit jemandem zusammen zu sein, der völlig abgedreht ist. Wenn du Glück hast, kriegst du davon nichts mehr mit und sie spricht erst wieder mit dir, wenn sie gesund ist."

[Anne]

"Er ist trotzdem ein Trottel", stellte Ria klar. "Was soll das denn außerdem für ein Glück sein? Du willst doch auch mit ihr reden, obwohl sie noch immer komisch drauf ist. Ich will ihr helfen, aber das kapiert hier ja keiner." Sie stand auf und lief ein paar Mal hin und her, während sie sich offenbar frierend die Oberarme rieb. "Ich hoffe, die werden bald Mal fertig mit ihrem blöden Picknick. Dass sie das auch unbedingt so früh machen müssen, wenn's noch nicht richtig warm ist. Hoffentlich ist die nächste Therapiestunde, bei der ich mich einschleiche bei so einem Thermal-Pool-Dings...", murrte sie.

[goldie]

Wieder schmunzelte Corbyn. "Kannst es Duan ja mal vorschlagen mit diesen heißen Quellen. Ich könnte mir nur vorstellen, dass sie zukünftig vorher den Speeder durchsuchen. Ich würde ja ein gutes Wort für dich einlegen, doch wie gesagt, sobald es nicht nach ihrer Nase geht, schmeißt sie mich raus."

Corbyn schnippte den Stein weg, den er immer noch in der Hand gehalten hatte. Dann begann er wieder seine Blume zu drangsalieren.

"Gibt's in der Stadt auch jugendfreie Dinge, die man unternehmen kann? Dann kannst du meinetwegen mitkommen. So langsam merke ich, warum Jolene dich mag. Bist ja nicht auf den Mund gefallen, kleines Garten-Nexu."

[Anne]

"Jugendfrei?" Ria schnaubte. "Na hör Mal, ich bin volljährig. Ich habe lange Zeit meines Lebens im Outer Rim gelebt und später im Slum. Es gibt nichts, was ich nicht gesehen habe und ich kann's echt nicht ausstehen, wenn ich wie ein Kind behandelt werde, klar? Du darfst mich aber trotzdem mit auf deinen Ausflug in die Stadt nehmen. Ich werde schon keinen Stripclub vorschlagen, wenn das für dein zartes Gemüt zu viel ist. Hey, wie wäre es mit Kino? Ich habe lange keinen guten Film mehr gesehen. Aber nichts Rührseliges bitte. Und falls du Angst hast mit mir allein, dann nimm Xid als Anstandstyp mit. Der ist damals mit mir von Boranda geflohen, darum kenn ich ihn gut. Ich mag den irgendwie."
Ria musste schmunzeln, als ihr plötzlich etwas einfiel: "Einmal hatten ein paar von den Jedischülern Mal eine Wette am Laufen, wer Xid dazu kriegt, mit ihr oder ihm zu flirten. Die haben es echt versucht. Aber niemand hat es geschafft. Der Typ ist echt ein Ausbund der Selbstbeherrschung. Wäre wahrscheinlich selbst ein guter Jedi geworden, aber die Macht wollte es anders."

[goldie]

"Schon gut, schon gut", Corbyn hob lachend die Hände. "Verstanden, du bist kein kleines Kind."

"Dann lass uns ins Kino gehen und vielleicht spendier ich dem kleinen Nexu auch noch ein Eis." Er grinste.

"Aber ich brauche bestimmt keinen Psycho-Doc bei unserer Tour."

[Anne]

"Ja, ist vielleicht eh besser, wenn ihr Jolene nicht alle gleichzeitig in ihrem Zimmer versauern lasst. Schließlich werden wir den ganzen Tag weg sein. Davon sitzen wir allein für den Hin- und Rückweg insgesamt acht Stunden im Speeder. Zu dumm, dass die Tal She ihr Teleportationsartefakt mitgenommen haben. Das wäre echt praktisch gewesen. Na ja, jetzt muss es auch so irgendwie gehen. Ich hoffe, du hast dir das gut überlegt. Wenn wir dort angekommen sind muss ich dich wohl erstmal zum Essen einladen. Ein Eis am Tag reicht nicht. Und mit einem hungrigen Nexu wirst du ja wohl nicht unterwegs sein wollen. Damit wäre dann auch meine Schuld bei dir erledigt, weil ich dich um dieses Picknick gebracht habe." Sie zwinkerte ihm zu.

[goldie]

Corbyn war inzwischen bester Laune: "Das klingt doch nach einem Plan. Wir starten mit einer Nexu-Raubtierfütterung, schauen uns im Kino eine Komödie an und dann geht es in den Stripclub."

Er grinste sie breit an.

"Oder hast du sonst noch Wünsche?"

[Anne]

"Na klar, ich bestehe auch auf das Eis, was du mir versprochen hast. Übermorgen habe ich frei, dann kann's losgehen. Abgemacht?" Sie grinste ebenfalls breit und hielt ihm ihre Hand hin.

[goldie]

"Abgemacht." Er schlug ein.

"Dann habe ich ja sogar noch einen ganzen Tag Zeit, das meiner Schwester beizubringen, dass ich auch mal was für mich tue." Er verdrehte die Augen, ganz genau so wie Jolene es immer tat. Dann grinste er wieder.

[Anne]

Ria stellte beim Handschlag unter Beweis, dass auch sie in der Lage war, fest zuzugreifen, damit er sie bloß nicht länger für irgendein schwaches Mädchen hielt.
Als Corbyn genau den gleichen Gesichtsausdruck zeigte wie sonst Jolene, machte ihn das für Ria umso sympathischer. Unwillkürlich schaute sie kurz in die Richtung, in die ihre Freundin und ihre Begleitung gegangen waren. Sie waren bereits wieder auf dem Rückweg und gar nicht mehr weit entfernt. Sie war von dem Gespräch wohl so eingenommen gewesen, dass sie das gar nicht bemerkt hatte. Ria trat einen Schritt von Corbyn weg. Sie wusste selbst nicht warum.

[goldie]

Jolene war in der Achtsamkeitsübung noch mehr bei sich angekommen. Offenbar tat ihr der Aufenthalt in der Natur sehr gut. Sie wirkte regelrecht entspannt, als sie zurückgingen.

Als sie jedoch sah, wie sich Corbyn und Ria die Hände schüttelten, blieb sie abrupt stehen. "Haben Sie das gesehen?" fragte sie Xid. "Sie haben irgendwas gegen mich ausgeheckt. Fast hätten Sie mich so weit gehabt, dass ich mit ihr spreche. Aber so? Sollen die beiden doch zurück laufen!"

Corbyn folgte Rias Blick. Jolene blieb gerade stehen und sagte etwas zu Xid. "Tja, kleines Nexu. Ich glaub, es ist Zeit, dass du wieder in die Pilotenkabine verschwindest. Ich glaube nicht, dass sie mit dir sprechen will."

[Anne]

Einen Moment lang blieb Ria unschlüssig stehen, dann nickte sie Corbyn zu und folgte seinem Vorschlag, in der Pilotenkabine zu verschwinden.

Auch Xid hatte den Handschlag bemerkt. "Ich habe es gesehen. Lassen Sie uns zunächst einmal in Ruhe herausfinden, was das zu bedeuten hatte, bevor wir voreilige Schlüsse ziehen."

[goldie]

Jolene atmete durch und stapfte dann zu Corbyn. Xid und Tionne folgten ihr.

"Was sollte das gerade?" verlangte sie zu wissen. Sie klang gereizt, andererseits hätte ihre Frage auch deutlich aggressiver ausfallen können.

Corbyn blieb ruhig. "Du meinst den Handschlag, nicht wahr?" Kurz überlegte er, einen dummen Witz zu machen, doch er besann sich eines besseren. "Ich habe dir ja erzählt, dass ich mich ab und zu mit Ria unterhalten habe. Ich werde mal was für mich machen, um Kraft zu tanken und wieder besser für dich da sein zu können. Wir fliegen zusammen in die Hauptstadt und Ria wird mir ein Essen ausgeben, weil sie mich um das Picknick mit dir gebracht hat."

Jolenes Augen verengten sich. "Bist du bescheuert? Du bist fast doppelt so alt wie Ria! Ich verbiete dir das, dich an sie ranzuschmeißen! Der werd' ich was erzählen!" Jolene wollte sich an Corbyn vorbeidrängen, um zum Speeder weiterzustapfen.

Corbyn ergriff den Oberarm seiner Schwester und hielt sie fest. "Princess, warte!" forderte er sie etwas lauter auf.

"Verflucht noch mal, du tust mir weh!" Wütend funkelte sie ihn an.

Corbyn ließ sie los. "Jetzt hör mir doch erstmal zu. Ria will nichts von mir, ich will nichts von ihr. Wie du schon sagtest, sie ist ein junges Hühnchen. Ich fang doch nichts mit Kindern an."

"Ria ist kein Kind", giftete Jolene ihren Bruder an. "Sie ist eine erwachsene Frau und wenn du wüsstest, was sie alles erlebt hat, würdest du nicht so einen Schwachsinn erzählen!"

Corbyn hob entschuldigend die Hände: "Ja, ja... Das hat sie mir auch schon gesagt. Okay. Sie ist kein kleines Mädchen. Sie ist zu jung für mich und ich will sowieso nichts von ihr. Ich will einfach nur mal hier raus und den Kopf freikriegen."

Jolene knurrte: "Schön, dass du einfach in die Stadt fliegen kannst. Und ich? Ich versauere in dieser dämlichen Zelle. Zieh doch gleich mit ihr ab. Dann brauchst du aber auch nicht wiederkommen."

Corbyn verdrehte die Augen: "Verdammt nochmal, du machst es einem echt nicht einfach. Krieg dich erstmal ein. Wenn du willst, komm ich morgen zu dir. Übermorgen bin ich jedenfalls mit Ria unterwegs." Er drehte sich um und stieg nach hinten in den Speeder. Zu gerne hätte er mit vorn gesessen, doch dafür war nicht genug Platz.

Jolene ballte ihre Fäuste und starrte ihm hinterher. "Dieser Vollidiot!" knurrte sie.

[Anne]

Xid hatte ruhig daneben gestanden und das Gespräch der Geschwister aufmerksam verfolgt.
Als Corbyn erzählte, dass er vorhatte, mit Ria Essen zu gehen hatte man auch auf seinen Gesichtszügen durchaus Skepsis darüber ablesen können darüber, dass ein Mann seines Alters mit einer so jungen Frau ausging. Hoffentlich hielt er sich an seine Ankündigung, eine rein platonische Freundschaft zu ihr aufzubauen. Aber immerhin tat er, wozu Xid ihm selbst geraten hatte - soziale Kontakte knüpfen und sich auch Mal erholen. Eigentlich eine gute Sache.
"Wissen Sie, Jolene, auch auf die Gefahr hin, dass Sie gleich von mir verlangen werden, dass ich ins Praxeum zurück laufe... Ich möchte eine Sache ganz klar sagen: Ihre Erkrankung ist keine Ausrede dafür, dass Sie die Personen, die sie lieben und denen Sie viel bedeuten garstig behandeln dürfen. Stoßen Sie Ihre Angehörigen nicht zu weit von sich. Sie wollen doch noch jemanden haben, der sich draußen auf Sie freut, wenn Sie heraus können, oder?"