Nur ein Traum

[Anne]

"Siehst du das anders? Was stellst du dir denn vor? Dass wir die Welt einfach sich selbst überlassen und hoffen, dass es uns und unsere Familie als letzte trifft?"
Er hatte eigentlich erwartet, dass sie sich darüber freute, dass er ihre Vorstellung von Familie zumindest nicht mehr kategorisch ausschloss.

[goldie]

"Nein. Mir ist klar, dass es dumm wäre, auch nur an Kinder zu denken, so lange das Xar-Kling-Shar nicht besiegt ist. Und danach? Keine Ahnung, ob wir es überhaupt jemals schaffen werden. Und die anderen Bedrohungen bleiben. So schön die Vorstellung ist, eine Familie zu haben, es wird wohl niemals passieren." Sie seufzte schwer.

[Anne]

"Ich verstehe nicht, was daran so schön sein soll. Was haben die Kinder in deinem Traum denn gemacht, was du so toll fandest?"

[goldie]

"Mir ging es doch früher genauso. Kinder waren mir völlig egal. Vielleicht erinnerst du dich noch an diese Rettungsaktion nach Dagobah? Das Mädchen hätte meinetwegen dem KdwM in die Hände fallen können, das hätte mich damals kaum interessiert. Aber seit Boranda ist alles anders. Ria hat 50 Kinder angeführt. Dieser Zusammenhalt, diese Stärke der Kinder, selbst bei den Kleinsten. Und niemanden hat es interessiert, wer du wirklich bist. Ich war wirklich nicht nett zu Ihnen am Anfang und warum auch immer, sie haben mich trotzdem gemocht. Du hättest sehen sollen, wie sie aufgeblüht sind, als ich mich mit Ihnen beschäftigt habe. Nalis Salon..." Sie lächelte. "Ich hatte das erste Mal in meinem Leben das Gefühl etwas sinnvolles zu tun. Etwas aufzubauen, nicht zu zerstören, sabotieren oder zu stehlen. Keine Ahnung, wirst du wohl kaum nachvollziehen können."
Es war das erste Mal, dass Jolene Enric etwas mehr Einblick in ihre Zeit in den Slums gab.

[Anne]

Enric fand Jolenes früheren Moralkompass noch immer bemerkenswert. Niemals hätte er irgendjemandem dem KdwM überlassen. Erst recht kein kleines Mädchen. Aber als sie von ihrer Zeit im Slum erzählte, lächelte er sie liebevoll an.
"Vielleicht solltest du auf Gateway ein Kinderheim bauen lassen. Das klingt doch nach einem guten Job nach unserer Galaxis-Retter-Karriere. Und wenn das Kor es will, werde ich vielleicht auch noch so einen Schlüsselmoment haben. Wobei ich das eher bezweifele. Kinder und ich können nicht so viel miteinander anfangen. Wenn sie etwas älter sind und man sich vernünftig mit ihnen austauschen kann geht es ja. Aber diese Kleinen... Das ist echt jahrelange harte Arbeit, bis da ein richtiger Mensch dabei herausgekommen ist."

[goldie]

"Du würdest dich wundern, wie weise kleine Kinder sein können. Ich meine, mit richtigen Kleinkindern hatte ich ja nichts zu tun. Das ist vielleicht wirklich nochmal was anderes. Aber wenn wirklich alles still wird, weil du eine Gute Nacht Geschichte erzählst, das ist schon was besonderes. Oder wenn sie einfach so zu dir rennen, dich umarmen und sagen, dass sie dich lieb haben... Gänsehaut. Kann man nicht erklären, muss man einfach erleben. Aber ich glaube mit etwas Starthilfe wärst du ein toller Vater."

[Anne]

"Ich weiß nicht. Auf jeden Fall würde das Elterndasein wohl wieder einige Grundsatzdiskussionen mit sich bringen. Wir sind sehr unterschiedlich aufgewachsen. Ich glaube unsere Vorstellungen von Erziehung gehen bestimmt auch ziemlich auseinander." Er gähnte und rieb sich die Augen. Nach der Höhlenerkundung gestern war er ziemlich erschöpft.

[goldie]

Jolene verdrehte die Augen. Als hätte es nicht gereicht, dass Traum Enric sie auf die Erziehungsmethoden ihres Vaters angesprochen hatte. "Möglich", räumte sie ein.

Sie sah zwar, dass ihr Freund müde war - es ging ihr ja selbst nicht anders - doch sie wollte sich weder von einem weiteren Alptraum heimsuchen lassen, noch allein sein.

"Übrigens, das mit dem Kinderheim ist eine gute Idee. Und warum warten? Wir haben genug Leerlauf, um Dinge zu organisieren. Und es wird sicher nicht bei einem bleiben." Jolene schienen direkt Ideen dazu zu kommen. "Sag mal, was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Kinderheim und einem Waisenhaus?"

[Anne]

Enric gähnte erneut. Er hatte sich zu diesen Begrifflichkeiten nie Gedanken gemacht aber für ihn war der Unterschied dennoch naheliegend.
"Im Waisenhaus wohnen Waisen, also Kinder deren Eltern verstorben sind. Im Kinderheim wohnen auch Kinder, die eigentlich Eltern haben, aber sich nicht um sie kümmern können. Weil ihre Eltern vielleicht irgendwelche Schmuggler sind, die kein Kind wollen. Oder weil sie sich zu viel Spice reingezogen haben. Oder was warum auch immer. Ich würde es jedenfalls schön finden, wenn du das machst. Ich unterstütze dich gerne dabei. Durch den Krieg ist bestimmt Bedarf an solchen Häusern vorhanden. Übrigens, du hast da was..."
Er deutete auf etwas Blut an Jolenes Kinn.

[goldie]

"Ja, dann lass uns Kinderheime auf Gateway bauen." Sie lächelte bei dem Gedanken.

"Hm, was habe ich da?" Sie strich sich übers Kinn, ohne etwas zu bewirken, da das Blut längst getrocknet war.

[Anne]

"Vielleicht solltest du dich Mal etwas frisch machen gehen", schlug er vor. "Dann kannst du mir ein paar Namen für das erste Kinderheim vorschlagen." Er bettete seinen Kopf auf seine Arme, die auf dem Tisch lagen. Müde blinzelte er seine Freundin an.

[goldie]

Okay, bin gleich zurück. Sie folgte seinem Rat und kehrte kurz darauf zu ihm zurück.

[Anne]

Als Jolene zurück kehrte, fand sie Enric friedlich schlummernd vor. Noch immer lag sein Kopf auf dem Tisch. Wahrscheinlich war es keine Absicht von ihm gewesen, einzuschlafen. Aber die Strapazen des Tages forderten ihre Opfer.

[goldie]

Jolene seufzte, als ihr klar wurde, wie oft sie in letzter Zeit Enric mit ihren Alpträumen strapaziert hatte. Die Antwort, wie es ihm eigentlich selbst ging, war er ihr schuldig geblieben. Doch ihre nächtlichen Eskapaden waren sicher nicht positiv für ihn. Sie weckte ihn, sagte es wäre nun Zeit ins Bett zu gehen und begleitete ihn ins Schlafenszelt, wo er schnell wieder einschlief. Sie selbst jedoch konnte trotz ihrer Erschöpfung kein Auge zutun. Zu groß war ihre Angst vor einem weiteren Alptraum. Und so, als die Zeit für ihre übliche Wachschicht kam, zog sie leise ihre Rüstung an und schlüpfte aus dem Zelt. Ihr war egal, dass abgesprochen war, dass Owen für die ganze Nacht eingeteilt war. Wenn sie schon nicht schlafen konnte, dann hatte sich wenigstens Owen noch zwei Stunden Schlaf verdient...