Nachtwache

[goldie]

Jolene fand es zwar nach wie vor befremdlich, auf diese gesellschaftsfähige Art zu tanzen, doch sie ließ sich darauf ein. Es war einfach für Enric sie zu führen und sie hatte keine der Schritte vergessen. Sie genoss den Tanz, ja, beinahe wirkte sie sogar unbeschwert.

[Anne]

"Sehr gut. Du erinnerst dich erstaunlich gut, obwohl es ja schon eine Weile her ist, dass wir es das letzte Mal geübt haben. Ich zeige dir jetzt etwas Neues", kündigte Enric an. Er stoppte die Musik und erklärte seiner Freundin Drehungen und andere Figuren, die sie zu dem Grundschritt hinzufügen konnten. Dann spielte er ein anderes, ebenfalls passendes Musikstück und sie übten das eben Gelernte.
Das Tanzen schien Enric Freude zu bereiten. Für einen Moment schien er die Schrecken etwas vergessen zu können, die ihn sonst allzu oft begleiteten. Es war eine so angenehm leichte Art, gemeinsam Zeit zu verbringen.

[goldie]

Eine Weile genoss Jolene die Zweisamkeit. Doch irgendwann hatte sie genug von den einstudierten Schritten. Sie löste sich aus der Tanzhaltung, doch nur um sich stattdessen ganz eng an Enric zu schmiegen und sich im Takt zu wiegen. Nun hatte er die Wahl, ob er weiter nach dem Lehrbuch tanzen wollte oder er Jolenes Ansinnen nachgab.

[Anne]

Enric ließ sich darauf ein. Er blickte Jolene lange an und genoss die unbeschwerte Zweisamkeit. Nach einer Weile flüsterte er seiner Freundin zu: "Schade, dass wir noch eine Weile hier festhängen. Ich habe gerade gar nicht mehr so viel Lust dazu, Wache zu halten. Meinst du, RA7D würde uns ablösen? Der muss ja ohnehin nicht schlafen..."
Sein Blick und die Art wie er beim Tanzen über ihre Hüfte strich verrieten, dass es keinesfalls sein Ansinnen war, sich gleich nach der Wachablösung schlafen zu legen.

[goldie]

Jolenes Herz schlug heftiger. Das letzte Mal war viel zu lange her. "Du bist echt unvernünftig", erklärte sie ihm, nur um ihn sogleich leidenschaftlich zu küssen. Dabei stahl sie Enrics Comlink, ohne dass er es bemerkte, nur um es ihm nach dem Kuss vor die Nase zu halten. "Na dann los, funk ihn an", grinste sie.

[Anne]

Er grinste ebenfalls. Dann sprach er in sein Comlink: "Hallo, RA7D. Ich bin gerade dabei meine Wache zu halten. Ich ähm... fühle mich gerade nicht in der Lage dazu. Könntest du bitte vorbei kommen und einspringen?"

[goldie]

Während Enric mit dem Comlink hantierte, fiel Jolenes Blick wieder auf das Bohrloch. Der dunkle Schatten, der sie so in Panik versetzt hatte. Die unzähligen Kampfdroiden. Wer weiß, was dort noch lauerte und jederzeit herauskommen könnte. Ihre Lust war wie weggewischt.

"Vergiss es, RA. Ich übernehme hier. Du hast deine normale Schicht." Sie drückte den Aus-Schalter. Bedrückt sah sie Enric an. "Es... Es tut mir leid. Ich kann das nicht."

[Anne]

Enric strich ihr über den Arm. "Hey, ist doch kein Problem. Du hast eigentlich völlig Recht. Es ist nicht so toll, sich um seine Wache zu drücken. Ich meine, es wäre wahrscheinlich schwierig, den anderen zu erklären, was passiert ist, wenn genau dann gerade Mal wieder die Katastrophe ausbricht, wenn wir nicht hier sind."
Auch Enrics Blick wanderte zu der Bohrstelle. Die jüngsten Angriffe waren noch nicht allzu lange her. Seit wann war er eigentlich so unbedacht und folgte ohne zu überlegen seinen Wünschen und Empfindungen? Er ärgerte sich etwas über sich selbst.
"Danke, dass du wenigstens so diszipliniert geblieben bist."

[goldie]

"Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als mich mit dir von hier zu verdrücken. Du... Du findest dich nicht, dass ich langweilig geworden bin, oder?" Sie ertappte sich dabei, wie sie immer wieder zum Bohrloch schielte. Selbst das Tanzen war leichtsinnig gewesen, wenn man bemaß, was dort unten lauern mochte.

[Anne]

Enric legte ihr seine Hand an die Wange, damit sie ihn anschaute und sich nicht permanent nervös umblickte.
"Nein", sagte er ruhig. "Du bist nicht langweilig. Das war vernünftig von dir. Außerdem kann ich warten. Wir müssen schließlich nicht die gesamte Nacht hier sitzen."
Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln, dann gab er ihr einen Kuss und setzte sich wieder auf seinen Platz, von wo aus er einen guten Blick auf den Schacht hatte.

[goldie]

Jolene atmete auf. Er war ihr nicht böse. Sie setzte sich neben ihn und griff nach seiner Hand. "Du meinst vor dem Frühstück sollten wir unbedingt noch zusammen duschen? Schon praktisch, dass das Schiff wieder da ist." Sie schien sich ehrlich zu freuen.

[Anne]

"Ja, das sollten wir wohl. Nutzen wir die Gelegenheit, solange sie besteht. Beim Frühstück wollen wir ja eigentlich besprechen, wann die KAV1 wieder aufbrechen kann um das Imperium zurück zu holen." Er rümpfte etwas die Nase, als habe er von etwas Ekelerregendem gesprochen.

[goldie]

Jolene nickte. "Das müssen wir unbedingt tun", bestätigte sie, dass der Sternenzerstörer zurück geholt werden musste. "Sag mal, hast du eigentlich persönlich schlechte Erfahrungen mit dem Imperium gemacht? Ich meine, mein Vater hat auch immer auf die geschimpft, weil die Geschäfte damals echt mies liefen. Aber ich selbst habe das alles ja gar nicht mehr erlebt. Und sogar als ich da festsaß, haben sie mich vernünftig behandelt."

[Anne]

"Habe ich dir das nie erzählt?" Enric sah Jolene überrascht und irritiert an. "Tja, also das Imperium und ich haben tatsächlich eine Art Vorgeschichte.
Da Recopia ein Planet ist, dem es wirtschaftlich ziemlich gut geht, der günstig gelegen ist und auf dem einige Unternehmen etabliert sind, war das Imperium bei uns sehr stark vertreten. Meine Mutter arbeitet ja, wie du weißt, an der Universität. Als Wissenschaftlerin fühlt sie sich natürlich der Wahrheit verpflichtet. Sie wollte ihren Studierenden nichts vermitteln, was lückenhaft oder inkorrekt ist. Aber das Imperium hatte seine eigene Version der Vergangenheit, die auf keinen Fall in Frage gestellt werden durfte. Einige Kollegen meiner Mutter haben sich nicht daran gehalten. Sie sind für immer verschwunden. Du kannst dir sicher denken, was mit ihnen passiert ist. Für meine Mutter war das sehr schwer. Sie stand ständig unter Beobachtung dieses Regimes und fühlte sich unfrei in ihrer Arbeit. Gleichzeitig hat sie mir aufs Schärfste verboten, über gewisse Dinge zum Beispiel in der Schule zu sprechen. Ich war so ungefähr zehn oder elf, als ich sehr angefangen habe, mich für die Jedi zu interessieren. Ich habe alles gelesen, was ich darüber gefunden habe - was nicht viel war. Das Imperium hat alles, was ihnen in die Finger kam zerstört. Es war verboten, sich damit zu beschäftigen. Aber du kennst mich. Das hat mich natürlich nur noch neugieriger werden lassen. Meine Familie hat in ständiger Sorge davor gelebt, dass das Imperium unsere Loyalität anzweifeln könnte und dass sie beispielsweise meine Mutter mitnehmen. Als ich siebzehn Jahre alt war, war das alles endlich vorbei. Die Republik hat Recopia befreit und wir konnten von nun an frei unseren Forschungen nachgehen, ohne Zensur und Denkverbote. Deshalb bin ich der Republik noch heute sehr verbunden und verabscheue das Imperium."

[goldie]

"So richtig hast du mir diese Geschichte noch nicht erzählt. Muss echt ätzend gewesen sein, diese Zeit. Haben du und deine Mutter danach eigentlich zusammen geforscht?"