Der Tag neigt sich dem Ende zu

[Anne]

"Nur noch ein paar Tage?", fragte Enric verunsichert. "Wohin willst du denn gehen?"

[goldie]

"Xid hat mir eine Möglichkeit gezeigt, mit der ich vielleicht wieder aufwachen kann." Sie wurde ernst. "Ich hatte vor, das heute Nacht zu machen, aber..." Sie atmete tief durch, wirkte sehr ernst. "Aber dann könnte dieser Abend das letzte Mal sein, dass ich dich sehe." Ihr Kinn begann zu zittern, Tränen traten in ihre Augen.

[Anne]

Er rutschte zu ihr herüber und nahm sie in die Arme. Sanft strich er ihr über ihr Haar. Anscheinend war sie doch noch nicht so geheilt wie sie anfangs noch auf ihn gewirkt hatte.
"Mach es, wann immer du dich bereit dazu fühlst. Ich bin für dich da", sagte er. Andererseits wusste er ja schon, dass dies die Realität war. Sie konnte all diese schönen Dinge mit ihm auch ohne die Angst haben, dass er auf der anderen Seite nicht mehr lebte. Aber es würde nichts nützen ihr das so zu sagen. Deshalb fügte er hinzu: "Oder wir genießen die heutige Nacht so intensiv, als wäre es unsere letzte. Wir Kosten diesen Moment so sehr aus, wie wir nur können und machen es uns nicht unnötig schwer. Und dann versuchst du, aufzuwachen. Wie soll das überhaupt funktionieren?"

[goldie]

Jolene wischte eine Träne fort. "Die Nacht auskosten... Das klingt schön", schniefte sie. "Ich würde so gern all die Sachen mit dir unternehmen, aber wenn ich dadurch zu spät aufwache - Enric in dieser Zeit stirbt - das könnte ich mir nie verzeihen. Und wenn ich ihn nie mehr wiedersehe, dann... Ja, lass uns die Nacht auskosten." Ein Flehen lag in ihrem Blick. Noch war es unwichtig ihn von dem genauen Plan zu erzählen.

[Anne]

Er schaute ihr einen Moment lang einfach nur in die Augen. Dann küsste er sie mit einer Leidenschaft zu der er sich selten hinreißen ließ. Als Jolene sich wenig später ohne ihren mausgrauen Overall auf seinem Tisch wiederfand musste ihr klar werden, dass er bereits dabei war diese gemeinsame Zeit so zu verbringen, als könnten sie nie mehr zueinander finden.

[goldie]

Jolenes Überraschung währte nur kurz, denn auch sie wurde kurz darauf von der Leidenschaft mitgerissen.

Als sie einige Zeit später sehr verschwitzt in Enrics Armen lag, lächelte sie ihn glückselig an. "Ich liebe dich über alles. Du hast mir so viel gegeben, du erträgst meine Launen und nimmst mich einfach so, wie ich bin." Sie verstummte, strich ihm eine Locke aus dem Gesicht und schaute ihn einfach nur versonnen an.

[Anne]

"Du meine doch auch. Ich weiß, dass ich auch nicht immer einfach bin. Und ich liebe dich auch", er lächelte zurück und küsste sie erneut. Er war überaus neugierig wie sie plante nun aufzuwachen. Hoffentlich war es nichts gefährliches. Aber andererseits hatte sie ja gesagt, dass sie es mit Xid so abgesprochen hatte. Da würde es wahrscheinlich schon in Ordnung sein. Allerdings wollte er sie nicht drängen. Also wartete er ab, was Jolene als nächstes vorschlug.

[goldie]

Es war sehr spät geworden. Jolenes körperlicher Zustand war durch die Strapazen der letzten Wochen nicht der Beste. Und sie hatte sich gerade extrem verausgabt. Sie war einfach nur erschöpft. Sie versuchte, die Augen offen zu halten. Sein Gesicht für immer in ihr Gedächtnis zu brennen. Seinen Duft tief einzuatmen. Die Wärme seines Körpers zu spüren. Langsam fielen ihr die Augen zu.

Möglicherweise fiel Enric auf, dass diesmal kein Owen vorbeigekommen war, um Jolene die Schlaftropfen zu verabreichen. Doch zumindest Jolene hatte diesmal nicht versucht, leise zu sein - im Gegenteil. Selbst Owen war sensibel genug, in so einer Situation nicht am die Tür zu klopfen.

[Anne]

Enric schaute sie einfach nur an. Er lächelte sanft und streichelte seine Freundin zärtlich bis sie schließlich einschlief. Was auch immer sie vorgehabt hatte um aufzuwachen würde allem Anschein nach doch noch bis morgen warten müssen, dachte er. Er brachte das Weglassen der Schlafmittel nicht mit ihrem Plan in Verbindung. Sehr schnell fiel er auch selbst in tiefen Schlaf.

....
Der Traum:
Jolene fand sich in ihrer alten Heimatstadt wieder. Sie kam gerade von einer Mission zurück, ihrer ersten außerhalb dieses Planeten auf dem sie geboren und aufgewachsen war. Es war in die Kernwelten gegangen, für sie eine völlig andere Welt. Sie war noch recht jung, nicht einmal ganz dem Teenageralter entwachsen. In ihrer Hand spürte sie den kleinen Datenkristall, für den sie so viel riskiert hatte. Aber am Ende war sie doch erfolgreich gewesen. Bald hatte sie Gelegenheit, ihrem Vater davon zu erzählen. Er erwartete sie bereits vor dem Haus, in dem die Familie Silverdust lebte. Auch Corbyn stand neben ihm. Er hatte sie auf die Mission begleitet, mehr als Aufseher und weniger um ihr zu helfen. So war es ihr jedenfalls vorgekommen. Er war schon zwei Tage vor ihr abgereist und zurück nach Hause gekehrt.
Die beiden hatten Jolene bereits entdeckt und blickten sie mit freundlichen Gesichtsausdrücken an.

[goldie]

Jolene grinste breit, als sie die beiden sah. Da sie nicht wusste, dass sie träumte, hinterfragte sie die Situation nicht.
"Mission erfolgreich erledigt!" strahlte sie ihren Vater an.

[Anne]

"Ich hatte nichts anderes von dir erwartet, Lorrain", erwiderte ihr Vater und nickte ihr scheinbar anerkennend zu. "Corbyn hat mir einiges erzählt. Ich bin gespannt auch von dir zu hören, wie deine erste eigene Mission gelaufen ist. Hast du sie dabei?"
Zweifelsohne spielte er auf die Daten an. Der prüfende, beinahe strenge Blick von Mr. Silverdust ruhte auf ihr, während Corbyn aufmerksam die Umgebung im Blick behielt.

[goldie]

"Natürlich!" strahlte sie, trat am ihren Vater heran, vergewisserte sich, dass tatsächlich niemand zu sehen war und überreichte ihm feierlich den Datenkristall. Das er so streng wirkte, war für sie das Normalste der Welt, ja dadurch fühlte es sich erst so richtig wie Zuhause an. "Ich erzähle dir alles drinnen, Vatet! Die Mission ist perfekt gelaufen!"

[Anne]

"Sehr gut." Er nickte ihr zu während er den Datenkristall entgegen nahm. Dann betraten ihr Vater, Corbyn und Jolene das Haus.
Sie gingen ins Wohnzimmer und nahmen Platz. Ihr Vater würdigte sie zunächst keines weiteren Blickes. Er fragte nicht wie ihre Reise war, ob es ihr gut ging oder ob sie etwas Essen oder Trinken wolle. Er war vollends konzentriert dabei, die Daten zu prüfen, die Jolene mitgebracht hatte. Keiner sprach ein Wort dabei. Niemand wollte ihn dabei stören. Schließlich breitete sich ein Lächeln auf dem Gesicht ihres Vaters aus.
"Ah ja, da haben wir es ja. Bestens. Für die Daten dieses Ingenieurs werden wir ein Vermögen bekommen. Diese Technik ist wirklich innovativ. Jeder wird das als erster bauen wollen...", murmelte er, den Blick noch immer auf sein Datapad gerichtet. Nun schaute er seine Tochter das erste Mal wirklich anerkennend an. "Deine erste Mission war tatsächlich erfolgreich. Nicht, dass es besonders schwer gewesen wäre. Solchen Schnöseln ihre Erfindungen unter der Nase wegzustehlen sollte eine deiner leichtesten Übungen sein. Aber ich weiß jetzt zumindest, dass du bereit bist für andere Aufgaben, die ich für dich vorgesehen habe. Wie bist du denn in die Firma hereingekommen? Wie hast du es angestellt, hm?"

[goldie]

Jolene lächelte stolz. Sie haben ein Festbankett für Kunden und Investoren veranstaltet. Ich habe dafür gesorgt, dass kurzfristig jemand von Catering ausfällt und bin eingesprungen. Natürlich hatte ich blütenreine Referenzen vorzuweisen. Corbyn habe ich eine Identität als Investor verschafft, im Holonet konnte man sehen, was für ein millionenschwerer Typ er ist. So konnte er vor Ort sein und per Comlink mit mir in Kontakt stehen. Nicht, dass es nötig gewesen wäre." Sie zwinkerte ihrem Bruder zu. "Ich habe kurz die Leute bedient, derweil die Ohren offen gehalten, wo die wichtigen Räumlichkeiten sind. Dem Ingenieur die Keycard abzunehmen, war kein Problem. Dann musste ich nur noch in sein Büro spazieren, den Passwortgenerator aktivieren und die Daten runterladen. Hat alles reibungslos geklappt."
Natürlich war es nicht ganz so einfach gewesen, wie sie großspurig behauptete. Um Haaresbreite war sie erwischt worden, dich konnte sich gerade noch unter dem Schreibtisch verstecken. Und auch bei den Kameras hatte sie nur in letzter Sekunde verhindern können, aufzufliegen. Doch das würde sie ihrem Vater nicht auf die Nase binden.

[Anne]

Mr. Silverdust sah zufrieden aus. "Das ist meine Tochter!", sagte er scheinbar stolz.
"Aber mir kommt es vor, als hättest du da eine Kleinigkeit ausgelassen. Dein Bruder hat mir da etwas berichtet. Etwas Unschönes. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es so passiert ist, wie er sagt. Du sollst beinahe aufgeflogen sein. Was dich gerettet haben soll, sei eine kleine Affäre mit dem Sohn des Ingenieurs gewesen. Ihr sollt euch sehr regelmäßig getroffen haben. Corbyn erzählt, du hättest ihn nicht bloß ausgenutzt. Du hättest Gefühle für den Kerl entwickelt. Aber meine Lorrain würde doch niemals auf so einen kleinen Snob hereinfallen, nicht wahr? Du würdest den Namen Silverdust nicht auf diese Weise in den Dreck ziehen und deine Mission gefährden, oder irre ich mich da!?"
Nun schaute ihr Vater sie mit durchdringendem Blick an. Corbyn saß mit verschränkten Armen da und wich Jolenes Blick aus.
"Tut mir leid, Princess. Ich hatte dich gewarnt. Aber du musst ja immer so stur sein..."