Abendspaziergang

[goldie]

Nach ihrer Therapiesitzung war Jolene bester Laune. Gut, die Hausaufgaben konnten noch etwas warten. Sie nahm noch an zwei Unterrichtseinheiten teil, später gab es in der üblichen Konstellation Abendessen. Jolene und Enric beschlossen, den Abend dann bei einem Spaziergang ausklingen zu lassen. Die Stimmung war entspannt. Nachdem sie sich bereits etwas unterhalten hatten, fragte sie junge Frau: "Sag mal, willst du eigentlich immer noch das Tal-She Museum bauen? Du hattest irgendwann mal gefragt, ob wir alle überhaupt schon mal in einem Museum waren. Du hattest Recht, das war ich wirklich noch nie. Ich weiß natürlich, was das ist. Aber was begeistert dich daran so? Kannst du mir das erklären?" Sie wirkte interessiert. Oder machte sie sich etwa lustig über ihren Freund?

[Anne]

Auch Enric genoss den abendlichen Spaziergang und die entspannte, ruhige Atmosphäre. Es überraschte ihn, dass Jolene ausgerechnet mit diesem Thema von selbst anfing. Er hatte viel mehr damit gerechnet, dass sie in nächster Zeit den Bau des Kinderheims in Angriff nehmen wollte, wäre jedoch nicht böse darum dieses Projekt zunächst noch warten zu lassen. Dass seine Freundin noch nie in einem Museum gewesen war überraschte ihn nicht sonderlich, auch wenn es ihm absolut unverständlich war wie so etwas möglich war.
"Ja, ich würde das noch immer sehr gerne umsetzen. Vorausgesetzt natürlich, ihr anderen Tal She seid alle einverstanden. Es wäre einfach eine sehr gute Möglichkeit, der Bevölkerung unseres Planeten die Tal She näher zu bringen. Wenn sie wissen wer wir sind und was wir tun wäre so vieles einfacher. Zumal ich auch finde, dass man solche Dinge, die alle etwas angehen nicht einfach so für sich behalten darf. Ich möchte wie gesagt darauf hinweisen, dass es auch genauso gut sein könnte, dass die Bevölkerung es durch jemand anderen erfährt als durch uns. Die anderen Tal She, die Bohrcrew, die Jedi... Mittlerweile verfügen viele Leute über irgendwelches Halbwissen. Wenn sich erst Gerüchte über uns oder das Xar Kling Shar verbreiten werden wir es schwer haben. Da wäre ich lieber für eine offene Kommunikation. Oder wolltest du wissen, was mich an Museen generell begeistert?"

[goldie]

Jolene musste lächeln. Sie hörte gern seine Stimme, deswegen hatte sie ihn nicht unterbrochen. "Eigentlich letzteres", schmunzelte sie. "Ich meine, Owen war von Museen ja auch begeistert. Warum? Ich meine, deine Erklärung, warum es sinnvoll wäre, ist ja durchaus schlüssig. Man müsste halt nachdenken, was die Leute über uns wissen sollten. Ich fände es aber sehr schade, wenn du so viel Arbeit da reinsteckst, und dann interessiert es niemandem. Hmm... Ein Actionfilm über das Thema wäre sicher interessanter", grinste sie über die Idee, die ihr selbst gerade in den Sinn gekommen war.

[Anne]

"Ich bin daran gewöhnt, dass es niemanden gibt, der meine Interessen wirklich teilt. Zumindest hier. Auf Recopia hatte ich natürlich Leute, die sich dafür auch begeistert hätten. Es wäre kein Weltuntergang, wenn am Ende niemand hingeht. Aber immerhin können wir dann sagen, das Angebot gemacht zu haben, falls es jemand wissen will. Und natürlich müssen Museen auch interessant gestaltet sein. Niemand geht in einen Raum mit Texttafeln, liest sie sich stundenlang durch und denkt hinterher was für ein heiterer Nachmittag das doch war. Die Besucher müssen mit so vielen Sinnen wie möglich angesprochen werden. Filme sind natürlich auch wichtig, da hast du ganz Recht. Ich kann Ausschnitte zeigen aus dem Filmmaterial, das ich mit meiner Brille aufgenommen habe. Die Tal She Prüfung oder die Erkundung des Planeten auf unserer letzten Mission werden so erlebbar. Es müsste Audioguides geben, die einem etwas zu Exponaten erzählen, Holoprojektionen, vielleicht auch Nachbildungen, die man anfassen kann. Ihr werdet mir dabei helfen können, es so zu gestalten, dass es nicht langweilig wird. Ihr wisst am besten, was so eine durchschnittliche Person anspricht."
Jolene war klar, dass er den letzten Satz ganz und gar nicht abwertend gemeint hatte, auch wenn man es durchaus so auffassen könnte.
"So und jetzt beantworte ich endlich Mal deine eigentliche Frage..." Er lächelte schuldbewusst darüber, dass er schon wieder so viel redete und abschweifte. "Ich habe seit ich denken kann mit meiner Familie Museen besucht. Natürlich welche über Geschichte und Archäologie, aber auch über Technik, Natur, Kunst und Kultur. Es gibt ja ganz verschiedene. Auf Recopia gab es viele gut gemachte Ausstellungen, bei denen man selbst viel ausprobieren und erleben konnte. Meine Eltern haben mir zusätzlich erklärt, was mich interessiert hat. Auf diese Weise kann man die halbe Welt in einem einzigen Gebäude kennen lernen. Man kann in die Vergangenheit reisen oder fremde Völker kennen lernen. Jedes Mal lernt man etwas dazu, das den eigenen Horizont erweitert..."
Seine Augen leuchteten, während er davon schwärmte. Früher hatte er oft solche Begeisterung für alles mögliche gezeigt. Inzwischen wurde es immer seltener, dass er sich solch leidenschaftlicher Umschreibungen hingab.

[goldie]

"Durchschnittlich, hmm?" piekste sie ihm in die Seite, um ihn etwas zu necken. Doch sie fühlte sich nicht angegriffen, sie kannte ja ihren Freund.
"Das klingt wirklich toll", bestärkte sie ihn. Kurz stellte sie sich vor, wie wohl ein Familienausflug ins Museum ausgesehen hätte. Doch dadurch, dass der letzte Alptraum heute wieder Thema gewesen war, kam ihr direkt ein Foltermuseum mit echten Opfern in den Sinn. Sie schluckte, strich sich mit der Hand durch die Haare und damit diesen unliebsamen Gedanken beiseite.
"Wäre es nicht sinnvoll, wenn wir vorher mal zusammen ein Museum besuchen? Wobei, hier wird es ja kaum eins geben und da draußen ist Krieg. Wird wohl schwer was in nächster Zeit zu finden. Aber klar helfe ich dir, das ganze aufzupeppen. Hauptsache wir bleiben anonym. Aber sag mal, ist es nicht etwas zu heftig den Leuten auf die Nase zu binden, dass da draußen was ist, was noch viel, viel schlimmer und mächtiger ist alles die Techsig?

[Anne]

"Die Leute müssen uns das erstmal glauben. Stell dir vor, auf deinem Heimatplaneten hätte irgendjemand von dem du noch nie gehört hast eine Ausstellung darüber eröffnet, dass die Welt untergehen könnte. Hättest du das ernst genommen? Ich glaube nicht, dass die Leute darüber in Panik verfallen werden. Aber vielleicht können wir uns ja von Xid beraten lassen, wie wir es den Leuten möglichst schonend beibringen..."
Er dachte kurz nach, dann kam ihm eine Idee. "Du willst also Mal ein Museum besuchen, hm? Okay, so ganz lässt sich das nicht verwirklichen. Aber vielleicht ein bisschen. Was für ein Museum würde dich denn interessieren?"

[goldie]

"Hmm... Waffen wären interessant", sagte sie, ohne groß darüber nachzudenken.

[Anne]

Das war eindeutig nicht die Antwort, mit der er gerechnet hatte. Einen Moment kramte er in seinen Erinnerungen, ob er dazu etwas zu sagen hatte. Aber Enric hatte zu allem etwas zu sagen, weshalb er bald ankündigte: "In Ordnung, Waffen also. Wenn du mich in deinen Geist lässt, zeige ich dir was ich meine..."
Ohne ihre Antwort abzuwarten trat er vor sie und ließ neben ihr aus dem Nichts eine Säule erscheinen. Darauf lag scheinbar eine historische Schusswaffe, zu der Enric ein paar Fakten aufzählte. Obwohl es nicht nötig gewesen wäre weiterzugehen Tat er so, als führe er sie zum nächsten Exponat. Es handelte sich um eine Art Kanone, die einen donnernden Schuss von sich gab. Wieder erläuterte er das ein oder andere Detail und fügte eine kurze Anekdote an. Dann führte er sie zu einem Baumstamm und verkündete mit wichtiger Miene. "Dies ist mein Lieblingsexponat in dieser Ausstellung. Es ist von überragender historischer Bedeutung." Auf dem Baumstumpf erschien Jolenes Granatengürtel. "Dieses schöne Stück soll die berühmte Tal She Jolene Whiteflake zu jeder Gelegenheit getragen haben. Es hat ihren Tal She Kollegen mehrmals das Leben gerettet. Das ist historisch belegt und mit zahlreichen Quellen nachweisbar. Zeitzeugen berichten, dass die Heldin dieses Objekt allerhöchstens zum Duschen abgelegt haben soll." Er grinste seine Freundin an. "So ungefähr kannst du es dir vorstellen..."

[goldie]

Jolene war gerührt, als er sie in einem guten Licht erscheinen ließ. Als er sie angrinste, konnte er sehen, dass sie Tränen in den Augen hatte.

[Anne]

Er trat zu ihr und strich ihr über die Wange. "Habe ich irgendetwas Falsches gesagt, Liebes?", fragte er etwas irritiert.

[goldie]

Sie räusperte sich, um ihre Stimme wiederzufinden. "Nein. Das war wirklich ... wunderschön."
Sie lächelte ihn an und küsste ihn. "Man kann auch mal heulen, weil man etwas gut findet", meinte sie ihm erklären zu müssen. Sie setzte sich auf den Baumstamm und zog ihn mit an ihre Seite. "Du sag mal, was magst du eigentlich an mir?" begann sie nun ihre Hausaufgaben zu erledigen.

[Anne]

Er war ziemlich erleichtert, dass er diesmal offenbar nicht in irgendeine Sarlaccgrube getreten war, metaphorisch gesprochen.
Auf ihre Frage hin musste er nicht lange überlegen. Er lächelte sie an, nahm ihre Hand und sprach: "Deinen Mut. Deine Tapferkeit. Deine Entschlossenheit. Ich mag es, dass du deinen eigenen Weg gehst und tust, was du für richtig hältst. Du hast ein gutes Herz, auch wenn du es nicht allen sofort zeigen willst. Du gibst nie auf. Du hast Temperament. Es wird nicht langweilig mit dir. Und zudem finde ich dich auch sehr attraktiv."
Er lehnte sich zu seiner Freundin herüber um sie zu küssen.

[goldie]

Jolene genoss den Kuss und Enrics Nähe. Sie konnte seine Worte annehmen und freute sich über sie. Als sie sich voneinander lösten, fragte sie weiter: "Und sag mal, gibt es irgendwas, worauf du stolz bist? Also ich meine jetzt bei mir..." Sie biss sich auf die Unterlippe und hielt die Luft an. Plötzlich hatte sie Angst vor seiner Antwort. Hatte das Gefühl, dass er vielleicht etwas sagen mochte, doch direkt ein "Aber" folgen würde und ein Vortrag über ihre Unzulänglichkeiten. Auch wenn er überhaupt nicht der Typ dafür war, so sorgten die aufgewühlten Erinnerungen an ihren Vater für diese Befürchtungen.

[Anne]

"Natürlich, schließlich hast du eine Menge geschafft. Du hast es auch ohne einen Klinikaufenthalt unter den widrigsten Bedingungen hinbekommen, dich aus deiner Sucht heraus zu kämpfen. Du hast deine Angst vorm Speeder fliegen fast vollständig überwunden. Du hinterfragst manchmal so Sachen, denen du dir absolut sicher warst, wie zum Beispiel dass Therapie nur was für Schwächlinge ist und kannst es dann doch für dich nutzen. Selbstverständlich auch, was du auf deiner Geheimnission geleistet hast. Außerdem bist du eine Tal She und tust alles, um die Welt zu retten. Ach ja und natürlich, dass es dir gelungen ist, sich von der dunklen Seite abzuwenden und Darth Malgus zu entsagen, nachdem du bereits so weit auf diesem Weg gekommen warst", zählte er auf. Enric blickte seiner Freundin direkt in die Augen. "Ich habe viele Gründe stolz auf meine Freundin zu sein. Ich hoffe, du bist es auch?"

[goldie]

Bei jedem seiner Punkte hallte die Stimme ihres Vaters mit nach. Er sparte nicht mit Kritik.
"Danke", entgegnete Jolene, doch lange nicht so erfreut wie bei seiner vorigen Aufzählung. Sie wirkte etwas abwesend. Das kam in letzter Zeit kaum noch vor, ihr Zustand hatte sich wirklich enorm verbessert.
"Ich auch?" wiederholte sie seine Frage etwas zu spät. Sie spürte in sich hinein und schüttelte dann den Kopf. "Es spricht zu viel dagegen, darauf stolz zu sein", sagte sie traurig.