Nach der Party

[goldie]

Puh, das war anstrengender als eine Raumschlacht gewesen. Jolene betrat das Zimmer. Enric meditierte gerade. Sie hatte ihm zwar gesagt, dass Vela etwas gewollt hatte, aber dass sie nun drei Stunden bei ihr gewesen war, damit hatte er wohl nicht gerechnet.

Jolene betrachtete ihren Freund. Es war gar nicht so lange her, da hatte er ihr kräftig den Kopf gewaschen. So richtig hatten sie das nicht geklärt. Trotzdem, sie wollte ihn bezüglich Auren nicht belügen. Doch dass sie sich zum Schein mit ihr anfreunden wollte, um ein besseres Bild von ihren Absichten zu bekommen, konnte sie Enric schlecht auf die Nase binden.

[Anne]

Als Jolene den Raum betrat öffnete Enric die Augen. Kurz blinzelte er, dann warf er einen Blick auf die Uhr. So spät schon? Während der Meditation hatte er gar nicht gespürt, wie viel Zeit vergangen war. Die Damen hatten es anscheinend lange miteinander ausgehalten.
Enric deutete auf den Platz neben sich. "Du warst lange weg. Was hast du gemacht?", erkundigte er sich. Es fiel ihm schwer, sich nichts anmerken zu lassen. Doch sowohl seine Überraschung über Jolenes langes Fortbleiben sowie seine Neugier, was sie wohl so unternommen hatten musste er zum Glück weder spielen noch verbergen.

[goldie]

Jolene seufzte erschöpft und ließ doch neben Enric zu Boden sinken. "Puh, du glaubst nicht, was gerade passiert ist. Vela hatte doch tatsächlich die wahnwitzige Idee, Auren und mich auf einen Mädelsabend zu locken."
Jolene schüttelte den Kopf. Ihr Haaransatz war noch feucht, da die ja gerade noch ihre Gesichtsmaske abgespült hatte.
"Auren hat sich bei mir entschuldigt, weil sie gerade unser Leben so durcheinander bringt." Sie biss sich auf die Unterlippe. "Sie scheint ja ganz nett zu sein. Ich habe beschlossen, sie erstmal kennenzulernen, bevor ich mir ein Urteil über sie bilde." Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Du kannst aber nicht erwarten, dass ich ihr von heute auf morgen vertraue, okay? Das braucht Zeit. Versprichst du mir, dass du bis dahin nicht allein mit ihr sprichst?"

[Anne]

Auren hatte sich bei Jolene entschuldigt? Sie hatte doch gar nichts getan. Seiner Meinung nach hätte es umgekehrt sein müssen, da Jolene diejenige gewesen war, die sich sehr zweifelhaft benommen hatte.
Dann stellte seine Freundin gleich wieder eine Forderung an ihn. Er durfte keine Zeit allein mit seiner besten Freundin verbringen... Noch vor der Meditation hätte das Ärger in ihm ausgelöst und ihn unwirsch reagieren lassen. Inzwischen war er aber entspannter und besonnener.
Enric ergriff Jolenes Hand und sagte: "Es freut mich, dass ihr drei anscheinend den Abend über miteinander ausgekommen seid. Bestimmt tut es dir gut, dass Auren mit ihrer Entschuldigung auch durchaus Verständnis für dich und deine Situation zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße es sehr, dass du sie nun erst einmal kennenlernen möchtest. Natürlich erwarte ich nicht, dass du ihr vertraust. Was ich mir aber von dir erhoffe ist, dass du mir vertrauen kannst. Deshalb möchte ich deiner Bitte auch nicht nachkommen, nicht allein mit Auren zu sprechen, bis du ihr Vertrauen kannst. Das würde mich ja völlig aus der Verantwortung nehmen, dass nichts zwischen uns passiert. Zudem gehe ich davon aus, dass es Jahre brauchen kann, bis du Vertrauen zu ihr gefasst hast. Du tust dich ja selbst mir gegenüber damit noch schwer, nach all der Zeit und allem, was zwischen uns passiert ist. Ich verstehe, dass das nicht leicht für dich ist, glaube aber gleichzeitig, dass es nicht gut wäre, dir die vollständige Kontrolle darüber zu überlassen, mit wem ich wie sprechen darf oder auch nicht."

[goldie]

Jolene bis die Zähne zusammen. Enric sah, wie sie verkrampfte. Auch sie hatte sich durch ihre Meditation beruhigt und der Abend mit den beiden Frauen hatte ja durchaus etwas Positives gehabt. Doch sie konnte Enric nicht seinen Willen lassen. Sie atmete ein paarmal durch, um nicht gleich wieder in einen Strudel wilder Gefühle zu geraten.
"Ich ertrage es einfach nicht, wenn ich nicht weiß, was ihr miteinander treibt ", sagte Jolene so ruhig wie möglich. "Natürlich will ich dir vertrauen. Aber was, wenn sie dich auf so gekonnte Art um den Finger wickelt, dass du es erst merkst, wenn du am nächsten Morgen neben ihr aufwachst?" Jolene atmete noch einmal tief durch. "Okay, als ich dich verwanzt habe, hat sie keine Annäherungsversuche gemacht. Auch wenn es mir fast körperlich wehtut, ich verstehe, dass es eine freundschaftliche Umarmung war." Mit keinem Wort ging sie darauf ein, dass Enric im Nachhinein die Jacke in den Nachbarraum gehängt hatte.
"Wir können ja gemeinsam mit ihr reden. Ich verspreche auch, nett zu ihr zu sein. Das hat vorhin gut geklappt. Wir können auch eine Zeit ausmachen. Sagen wir drei Monate auf Gateway. Bis dahin hast sich bestimmt alles eingepegelt. Von mir aus kannst du sie auch vorher so oft du willst besuchen. Aber eben nicht allein."
Wieder bis sich Jolene auf die Unterlippe. Sie hatte Angst, dass Enric ihren Vorschlag abschmettern würde und er ihr völlig entglitt.

[Anne]

Enric überlegte. "Es tut mir leid, Jolene. Das kommt für mich nicht in Frage", sagte er augenscheinlich betrübt. "Ich habe dir viel zu lange das Recht dazu eingeräumt, gänzlich über mich zu bestimmen. Ich möchte das nicht mehr. Es tut uns nicht gut. Und ich verstehe auch nicht, wie du davon ausgehen kannst, dass ich selbst keinerlei Kontrolle darüber behalten könnte ob ich dir treu bleibe oder nicht. Was habe ich denn falsch gemacht, dass du mich so einschätzt?"
Er hatte ruhig gesprochen. Jolene sollte möglichst wenig den Vorwurf heraushören können, den er ihr machte. Trotzdem wirkte er ziemlich enttäuscht.

[goldie]

Jolene fuhr sich mit der Hand durch die Haare. War das der Anfang vom Ende? Sie spürte Verzweiflung in sich aufsteigen. "Du hast gar nichts falsch gemacht", presste sie hervor. Jetzt sah sie ihn flehend an. "Ein Monat. Bitte."

[Anne]

"Du glaubst doch nicht wirklich, dass du in einem Monat anders fühlen wirst als jetzt? Worauf soll das denn hinauslaufen? Und es ist ja nicht so, als wäre das erst ein Problem für uns seit Auren aufgetaucht ist. Bei Vela hast du mir ja auch schon untersagt, allein mit ihr zu sein. Willst du das jetzt jedes Mal tun, wenn wir irgendeine Frau treffen?" Er seufzte. "Du bist viel zu abhängig von mir geworden, sodass der Gedanke der allerkleinsten Gefahr mich verlieren zu können dich schon wahnsinnig macht. So kannst du doch nicht sein wollen? Als ich dich kennen gelernt habe warst du so stark und frei und brauchtest niemanden. Zumindest nicht, damit du überhaupt existieren kannst..."

[goldie]

Enrics Worte trafen Jolene wie ein Schlag. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie drückte sich vom Boden ab, um abrupt aufzustehen. Floh zum Fenster und starrte auf das Hyperraumwabern.

Sie wirbelte auf einmal wieder herum und schrie ihren Freund an. "Verdammt nochmal, dann bin ich eben schwach und gefangen. Ja, ich kann ohne dich nicht mehr sein. Und ich weiß, wie nah am Abgrund ich damit stehe. ICH KANN ES NICHT ÄNDERN!"

Sie wünschte, sie hätte vorhin einfach das Glas geleert, das Vela ihr in die Hand gedrückt hatte. Sie hatte gerade zugegeben, dass sie schwach war. Die Vorwürfe vom Morgen, das war seine wahre Meinung. War er nur aus Mitleid mit ihr zusammen? Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sie verließ. Ob für Auren oder für sonstwen.

Jolene hatte nicht gemerkt, wie sie an der Wand zu Boden gerutscht war. Sie hatte ihr Gesicht in den Armen vergraben und schluchzte unkontrolliert. Ein Horrorszenario nach dem anderen lief vor ihrem inneren Auge ab.

[Anne]

Voller Schmerz beobachtete Enric den Zusammenbruch seiner Freundin. Das also habe ich aus ihr gemacht. Ich tue ihr nicht gut. Habe lange geglaubt, ich wäre derjenige, der sie retten kann. Vor der dunklen Seite. Ihrer Vergangenheit, die sie verfolgt. Sich selbst. Aber das stimmt alles nicht. Ich habe sie schwach gemacht. Abhängig und gefangen. Ich habe ihr das Schlimmste angetan. Irgendwann wird sie das verstehen und mich dafür hassen. Aber alles was ich jetzt noch tun kann ist, wenigstens meiner Verantwortung nachzukommen und mich um sie zu kümmern.
Er ging zu Jolene und hob sie auf, sodass er sie in seinen Armen hielt. "Es wird alles gut, Liebes. Ich bin ja bei dir", redete er beruhigend auf sie ein. Dann beabsichtigte er, sie ins Bett zu bringen. Für heute hatte er wahrlich genug angerichtet.

[goldie]

Jolene konnte Enric nichts mehr antworten. Sie ließ sich ins Bett bringen und weinte sich in den Schlaf.

[Anne]

Enric blieb bei Jolene, bis sie eingeschlafen war. Er strich ihr übers Haar und versuchte, für sie da zu sein. Es brach ihm das Herz, wie sehr sie litt. Aber hätte er deshalb vorhin ihren Bedingungen zustimmen sollen? Das konnte doch auch nicht richtig sein. Er fühlte sich verwirrt, schuldig und haltlos. Wenn er doch nur jemanden zum Reden hätte, der ihn verstehen würde... Da fiel ihm ein, dass Auren ihm genau das angeboten hatte. Noch einmal versicherte er sich, ob Jolene auch wirklich schlief. Dann schlich er leise aus dem Zimmer und machte sich auf die Suche nach Auren.

[goldie]

Zufällig lief ihm Auren direkt über den Weg. Sie kam gerade aus dem Bad und war auf dem Weg in ihr Quartier. Sie trug bereits einen Pyjama, den eine der Soldatinnen ihr geschenkt hatte. Um die nassen Haare hatte sie ein Handtuch gewickelt. Offenbar war sie der Meinung, dass er nun ebenfalls auf dem Weg ins Schlafzimmer war. "Gute Nacht", lächelte sie ihm zu.

[Anne]

"Ja, dir auch", erwiderte er erst ganz automatisch. Er wollte sie nicht belasten. Auren lächelte, schien einigermaßen entspannt. Wollte er sie da wirklich noch mit seinen Problemen stören? Etwas unschlüssig sah er ihr nach. Dann entschied er sich aber doch dazu, ihr Angebot anzunehmen. Er lief ihr nach und berührte sie vorsichtig am Arm, um sie dazu zu bewegen sich umzuwenden.
"Darf ich... Also... Wäre es okay, wenn wir noch kurz reden könnten? Natürlich nur, wenn du noch nicht allzu müde bist und es dir wirklich nichts ausmacht..."

[goldie]

"Oh." Sie schaute ihn nun etwas genauer an. Im Dämmerlicht der Nachtbeleuchtung hatte sie gar nicht gesehen, wie unglücklich er gerade aussah. "Natürlich. Komm, lass uns in die Küche gehen." Auren ahnte, dass es doch etwas länger dauern könnte, als Enric angedeutet hatte. Als er saß, fragte sie ihn: "Möchtest du einen Tee?"