Eine neue, alte Welt

[goldie]

"Danke. Es bedeutet mir sehr viel, das du mir das sagst und das du nicht schlecht über mich denkst." Auren lächelte ihn schüchtern an.

"Und wegen Jolene: Natürlich wäre es mir lieber, wenn du direkt mit ihr Schluss machen würdest und ihr nichts vorspielen müsstest. Ich kann aber damit leben. Und es geht hier auch nicht um mich. Wenn sie das während der Mission mitbekommt, wer weiß, was sie tut. Ein Fehler von ihr im Kampf gegen den Kreis der wahren Macht... Das könnte wirklich fatale Auswirkungen haben. Weißt du, ich bin ganz froh, dass du hier bei uns bist. Sie werden das hoffentlich alles ohne dich geregelt bekommen und dann stellt sich die Frage gar nicht. Willst du es ihr eigentlich schon auf dem Rückflug mitteilen oder wirklich erst auf Gateway?"

[Anne]

"Haha, auf dem Rückflug? Na du hast vielleicht Nerven... Gestern sagst du mir noch, dass du Angst hast, dass sie uns beide umbringt, wenn ich sie verlasse und heute fragst du, ob ich es nicht schon beenden will wenn wir über einen langen Zeitraum zusammen auf einem Raumschiff eingesperrt sind? Nein, nein. Auch wenn ich nicht befürchte, dass sie uns etwas tut sollten wir doch warten, bis wir Zuhause sind. Die paar Tage wird es dann schon noch irgendwie gehen. Und ich hoffe du liegst richtig und die anderen kommen zurecht. Ich habe ja keine Möglichkeit, zu überprüfen wie es ihnen geht und was sie machen. Ich denke sehr viel an sie. Ich hoffe, ihnen stößt nichts zu. Es ist schon etwas seltsam hier herunmzusitzen und zu wissen, dass sie sich gerade in Lebensgefahr begeben."
Enric wirkte sehr besorgt, jetzt wo Auren das Thema angefangen hatte. Vela war noch nicht so erfahren. Dies hier war schließlich ihre erste Mission mit dieser Gruppe. Akaavi war persönlich involviert, was es niemals besser machte. Owen dürfte immerhin halbwegs gelassen sein, so wie immer. Aber Jolene? Was, wenn ihr etwas Schlimmes passierte? Er würde es sich nie verzeihen, in Sicherheit und weit weg vom Geschehen heimlich mit seiner Exfreundin Pläne geschmiedet zu haben, falls ihr etwas zustieß.

[goldie]

"Mir wäre auch nicht wohl, wenn du es ihr schon auf dem Flug sagst. Ich wollte nur noch einmal sichergehen."

Auch sie wurde ernst, als Enric über seine Kameraden sprach. "Du kennst dein Team am besten. Wie schätzt du sie denn ein?" Sie hoffte, dass sie ihn mit dieser Frage aufmuntern konnte, weil er bisher sehr optimistisch gewirkt hatte, was dieses Thema anbelangte.

[Anne]

"Eigentlich stehen ihre Chancen sehr gut, aber manche reicht schon ein kleiner Fehler, eine minimale Unachtsamkeit... Ich meine, es ist nicht so, als hätte ich bisher alles zusammengehalten und für den Erfolg dieser Mission gesorgt. Ich war wohl etwas abgelenkt und möglicherweise funktionieren sie im Moment sogar besser ohne mich. Aber es ist komisch, nicht bei ihnen zu sein und zu helfen", antwortete er. Vielleicht vermisste er diesen nervigen, unorganisierten, oft zerstrittenen Chaos Haufen sogar ein kleines Bisschen.

[goldie]

"Das kann ich gut verstehen. Da sich daran nichts ändern lässt, schauen wir einfach, dass wir deine Verweildauer hier so angenehm wie möglich gestalten, in Ordnung? Was mich zurück zu deiner Eingangsfrage bringt. Wie verhalten wir uns, wenn wir gemeinsam Zeit verbringen? Was sind denn deine Wünsche diesbezüglich?"

[Anne]

"Ich weiß nicht. Mir ist es wie gesagt wichtig, dass nichts zwischen uns passiert solange ich meine Beziehung zu Jolene nicht beendet habe. Also wäre es vielleicht sinnvoll, möglichst viel unserer Zeit hier mit deinem Team zu verbringen. Wir werden uns wohl nicht näher kommen, wenn sie dabei sind. Und wenn wir uns allein zusammensetzen um Arbeitsthemen zu besprechen, sollten wir vielleicht auch vorerst dabei bleiben. Nicht so wie ich es gerade gemacht habe also... Vielleicht trinken wir lieber nichts zusammen und lassen es auch sein darüber zu reden was wir miteinander hatten und vielleicht wieder haben werden. Oder was meinst du?"

[goldie]

"Einiges davon ist zwar sehr schade, aber du hast schon Recht. Treue ist wichtig und keiner von uns sollte in Versuchung geraten. Ich nehme mich da nicht aus. Dein Maßnahmenpaket ist sehr sinnvoll und ich habe dem nichts hinzuzufügen. Gibt es noch irgendetwas zu besprechen, bevor wir es umsetzen?"
Auren war nach wie vor freundlich. Sie schien weder verärgert, noch über alle Maßen betrübt über Enrics Vorschläge.

[Anne]

"Tatsächlich ja. Es gibt noch eine Sache, die du wissen solltest, wenn du in Erwägung ziehst, wieder mit mir zusammen zu sein. Ich finde es eigentlich sehr naheliegend aber ich möchte es einfach einmal ausgesprochen haben: Ich werde niemals Kinder bekommen. Das steht für mich absolut fest und ist nicht verhandelbar. Falls das mittlerweile also ein Wunsch von dir sein sollte bin ich nicht der Richtige für dich", verkündete er mit Nachdruck. Nach den Diskussionen mit Jolene über dieses Thema war es ihm wichtig dieses Thema sofort aus der Welt zu schaffen. Er beobachtete Aurens Reaktion genau.

[goldie]

"Waren wir uns nicht damals schon einig deswegen? Wir konnten doch beide noch nie etwas mit Kindern anfangen. Achso, ich hoffe du hast deine Meinung bezüglich des Heiratens nie geändert?" Nun schaute sie ihn ihrerseits fragend an. Sie schien jedenfalls nach wie vor keine Heiratswünsche zu haben.

[Anne]

"Nein, das kommt für mich auch nicht in Frage. Ich bin erleichtert, dass du das so siehst. Gleichwohl wollte ich es klarstellen. Du bist ja auch älter geworden und da ändern sich manche Dinge eben", stellte er wenig charmant fest.
"Und eines noch... Du hättest mir als wir zusammen waren ruhig sagen können, dass du muskulösere Körper als den meinen bevorzugst. Das erkenne ich anhand deiner Partnerwahl seit unserer Trennung. Ich meine ein Sicherheitstyp und ein Sportwissenschaftler... Ich hätte möglicherweise auch etwas trainiert, wenn du es dir gewünscht hättest."

[goldie]

Auren schien die Anspielung auf ihr Alter gar nicht aufgefallen.

"Manche Dinge fallen einem erst auf, wenn sie plötzlich in das eigene Leben treten. Aber in diesem Punkt musst du dir ja inzwischen keine Sorgen mehr machen. Ich bin sehr gespannt..." Sie brach ab. "Entschuldige bitte. Das war unüberlegt." Wieder errötete sie.

"Auf eine gute Zusammenarbeit in den nächsten Tagen, Herr Kollege", versuchte sie es zu überspielen und streckte ihm die Hand hin.

[Anne]

Als Auren seinen veränderten Körper ansprach schaute der Archäologe kurz an sich herunter. Durch die Panzerung, die er im Moment permanent trug, konnte man natürlich nichts davon erkennen. Nur unter seiner Alltagskleidung war deutlich zu erkennen, dass Owens und Akaavis Training durchaus seine Wirkung erzielt hatten. Er lächelte verlegen und war ganz froh, dass sie die Situation zu überspielen versuchte. Er ergriff ihre Hand und drückte sie kurz.
"Sehr gerne, Frau Kollegin. Sollen wir das Meeting für heute beenden? Oder soll ich an bekannter Stelle fortfahren?"

[goldie]

"So überaus interessant die Tal-She sind, ich fürchte meine geistige Aufnahmefähigkeit ist für heute erschöpft. Lass uns morgen damit fortfahren. Ich werde mich jetzt zurückziehen."

Sie stand auf und lächelte ihn mit dem Lächeln an, das so eine attraktive Wirkung auf die Männerwelt erzielte, ohne dass es ihr bewusst war. "Gute Nacht, Enric."

Sie war bereits im Begriff zu gehen, dann wandte sie sich noch einmal um. "Ich bin dir sehr dankbar für deine offenen Worte heute. Ich freue mich schon sehr auf das, was da kommen mag."

[Anne]

"Gute Nacht, Auren", erwiderte er nur kurz. Er schenkte ihr ein freundliches aber doch eher unverbindliches Lächeln, bevor er sich wieder seinem Datapad zuwandte.
Hatten sie nicht eben gerade vereinbart, dass sie von all dem nicht mehr sprechen wollten? Dass sie besser auf Distanz zueinander bleiben sollten, bis das alles vorbei war? Wenn er ehrlich war hätte er Auren nie gesagt, dass er die Trennung noch nicht vollständig verwunden hatte, wenn er geahnt hätte, dass sie auch noch etwas für ihn empfand und es wieder mit ihm versuchen wollte. Er hatte ihr nur erklären wollen, warum er sich so merkwürdig verhielt, nichts weiter. Und jetzt hatte er auf einmal mit ihr vereinbart wieder mit ihr zusammen zu kommen, sobald sie auf Gateway wären. Sich das in diesem Gespräch gerade auszumalen hatte etwas überaus reizvolles gehabt. Jetzt, wo Auren gegangen war fragte er sich mehr, was er sich dabei gedacht hatte. Er vermisste Jolene ja jetzt schon irgendwie. Dabei war sie gestern erst geflogen. Er sorgte sich um sie und würde vieles darum geben, um zu erfahren ob es ihr gut ging.
Der Archäologe fühlte sich wie ein Verräter an beiden Frauen. Da konnte Auren ihm noch so oft sagen, dass er das Richtige tat. Frustriert erhob er sich und öffnete Nitrams Schrank mit seinem Alkoholvorrat. Er nahm eine Flasche Whisky heraus und goss sich ein wenig davon ins Glas. Doch als er es an die Lippen setzte erinnerte der Geruch ihn zu sehr an Koi. Er dachte an die gemeinsame Zeit in der Entzugsklinik und sah den vorwurfsvoll dreinblickenden Duros vor sich, wie er den Kopf schüttelte. Er wusste, was er jetzt sagen würde. Super Idee, Esteban. Du hast ja schon zwei Probleme, mit denen du richtig gut zurecht kommst. Warum nicht noch ein drittes dazu nehmen? Mach's wie dein großer Held Piratencaptain Koi Keeg, bester Pilot der Galaxis. Kipp dir das Zeug rein. Aber vergiss nicht, dich dann auch bald selbst heroisch zu opfern, sonst werden die Leute dich leider nicht in so grandioser Erinnerung behalten wir mich strahlende Persönlichkeit. In diesem Sinne: Cheers!
Vielleicht hatte Enric in der Vergangenheit etwas zu viel Zeit mit dem Holo Koi verbracht, das auf R8 gespeichert war.
"Mistkerl", murmelte er leise, schüttete den Whisky in die Spüle ohne ihn angerührt zu haben und machte sich auf den Weg ins Bett.

[goldie]

Auren verließ mit wild pochendem Herzen das Schiff. Sie konnte noch gar nicht glauben, was da gerade passiert war. Er hatte ihr tatsächlich offenbart, dass er nach all der Zeit noch Gefühle für sie hegte. Zwar war der Plan die ganze Zeit gewesen, sich ihm erst auf Gateway anzunähern, ihn über Jolene hinweg zu trösten und ihm dann zu zeigen, dass sie die viel bessere Wahl war. Doch sie hatte ja nicht einmal große Überzeugungsarbeit leisten müssen. Sie dachte an seine Worte von vor einigen Tagen, dass er sie liebte. Zwar so, wie er seine Freunde liebte, aber dass er im gleichen Kontext Jolene erwähnt hatte, hatte ihr bereits Hoffnung gegeben.

Auren konnte in dieser Nacht nicht einschlafen. Der enge Tanz war doch kein Fehler gewesen. Ohne ihr vermeintliches Fehlverhalten, hätte sich der Lauf der Dinge niemals so beschleunigen lassen. Ja, ihr war bewusst, das er seine aktuelle Freundin trotz allem irgendwie liebte. Sie hatte Verständnis dafür. Wenn sie sich besser mit Jolene verstanden hätte, wäre Auren durchaus mit einer einvernehmlichen Lösung zu dritt einverstanden gewesen und hätte darauf hingearbeitet.

Kurz meldete sich das schlechte Gewissen, dass sie Enric seiner aktuellen Freundin beraubt hatte. Doch war es wirklich falsch gewesen? Wohl kaum. Auren hatte doch gesehen, wie unglücklich Enric mit ihr war. Kein Wunder, diese Frau war eine gefährliche Psychopathin. Sie hatte sich unmöglich verhalten, Enric so viele Sorgen bereitet und zum Schluss diese Drohungen ihr gegenüber. Sie bekam immer noch eine Gänsehaut, wenn sie daran dachte.

Nein, Auren hatte das einzig richtige getan. Und das Enric ihr eröffnet hatte, dass er sich ebenfalls eine Zukunft mit ihr vorstellen konnte, bestätigte sie in ihren Entscheidungen. Beruhigt schlief die Archäologin endlich ein.