Eine neue, alte Welt

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goldie
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Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 08:23

Nach der Nacht, die Jolene die Augen geöffnet hatte, war sie bester Stimmung. Sie hatte das Wiedersehen mit Enric freudig ausgekostet. Beim Frühstück hatte sie gute Laune und selbst Auren schien sie nicht mehr zu stören.

Die letzte Etappe des Flugs verlief ohne weitere Vorfälle. Vela mochte sich wundern, dass Jolene weder angespannt, noch grantig war. Inzwischen wurde sie sogar freundschaftlich 'Schwester' von Jolene genannt. Doch Enric bekam davon nichts mit, denn bis zur Landung war er allein mit sich und seinem Geschütz.

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goldie
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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 10:05

Das Schiff landete. Die Besatzung wurde bereits von den Archäologen erwartet. Was für ein Anblick sich bot. Weitreichende Ruinen waren in dem lichten Wald zu sehen. Das ließ jedes Forscherherz höher schlagen!

Velas Schiff war unter einem großen Felsvorsprung verborgen. Als sie es erblickte, gab es für sie kein Halten mehr. Sofort lief sie los, um ihren kleinen Droiden zu begrüßen.

Dr. Oruni nahm den Rest der Gruppe in Empfang. Begeistert berichtete er Enric von der Ausgrabungsstätte, die sich hier aufgetan hatte. So viel zu entdecken, so viel zu erforschen... Ob die Gruppe nicht Interesse hätte an einer Führung?

Jolenes Interesse hielt sich in Grenzen. Ihr Blick fiel auf Velas immer noch stark beschädigtes Schiff und sie seufzte. Sie sah, wie sehnsüchtig Enric zu den Ruinen schaute, doch sein Pflichtgefühl würde zweifelsohne dafür sorgen, dass er bei der Schiffsreparatur helfen würde.

Jolene lächelte ihren Freund an. Er mochte nur ein Hirngespinst sein, doch sie liebte ihn über alles. Sie wollte, dass er glücklich war. Jetzt, da sie die Wahrheit wusste, hatte sie keine Angst mehr, ihn an eine andere Frau zu verlieren. Sie wusste nun, dass sie füreinander bestimmt waren. "Geh ruhig. Ich weiß doch, dass du es dir ansehen willst. Ich kümmer mich mit Vela und Nitram um das Schiff. Du kannst dann ja in einer Stunde zu uns stoßen."

Enric war die Überraschung deutlich anzusehen. Er vergewisserte sich, dass Jolene keinen Scherz gemacht hatte. Doch seine Freundin schien es ernst zu meinen und versicherte sich nicht einmal, dass er vor Auren geschützt war.

Dann folgten Enric und Auren dem Professor, um sich alles zeigen zu lassen. Es folgten fachliche Diskussionen zum Fundort und schließlich wurden Enrics Aufzeichnungen zu den Tal-She ausgiebig erörtert. Erst nach drei Stunden fiel Enric ein, dass er längst beim Schiff hätte sein müssen, um den anderen zu helfen. Schuldbewusst machte er sich auf den Weg. Der nächste Streit mit Jolene war quasi vorprogrammiert.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 10:19

Derweil liefen die Reparaturen auf Hochtouren. Längst war klar, dass es so spät werden würde, dass sie heute nicht mehr abfliegen würden. Als Enric sich näherte, konnte er sehen, wie Jolene an der Schiffswand herumhämmerte, um die Panzerung wieder instandzusetzen. Sie trug jetzt pragmatischerweise einen Overall, der bereits mit Ölflecken beschmutzt war. Das Gesicht war ebenfalls von einer schmierigen Schicht aus Schmutz und Schweiß bedeckt. "Na, endlich fertig?" grinste sie Enric an. Keine Vorwürfe. Kein Angriff. Ob sie sich das für später aufhob? Er machte sich schleunigst daran, sich ebenfalls Werkzeug zu besorgen, um endlich seinen Beitrag zu leisten.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 10:49

Schließlich war das Schiff in einem Zustand, in dem man guten Gewissens fliegen konnte. Doch es war spät geworden, zu spät um heute noch aufzubrechen.

Man traf sich mit den Archäologen zum Abendessen. Als Prof. Oruni fragte, ob morgen alle gemeinsam zurückfliegen würden, stellte sich heraus, dass Enric vor lauter Begeisterung ganz vergessen hatte, ihm von dem Plan zu erzählen. Jolene stellte also klar, dass sie lediglich hier waren, um das andere Schiff zu holen und um Auren und den Professor auszutauschen. Schließlich wurde dem Plan von allen zugestimmt.

Am nächsten Morgen bat der Professor erneut um ein Gespräch. Er hätte nachgedacht und mache sich Sorgen. In einigen Nächten waren wilde Tiere gesichtet worden. Große Tiere. Einer der Archäologen zeigte der Gruppe die Spuren. Reeks. Zwar Pflanzenfresser, doch in der Paarungszeit und während der Jungenaufzucht äußerst aggressiv und gefährlich. Und die Spuren deuteten tatsächlich auf Jungtiere hin. Der Professor bat darum, dass Enric zurückbleiben solle, um die Archäologen zu beschützen. Dann ließ er Jolene, Vela und Enric allein, damit sie über seine Bitte beraten konnten.

Für Enric war es absolut logisch und nachvollziehbar, worum Prof. Oruni gebeten hatte. Doch er wusste auch, dass Jolene ihn hier niemals mit Auren zurücklassen würde. Er begann dennoch ruhig und sachlich mit Jolene zu reden. Vela beachtete er dabei kaum. Er wusste, dass er sich voll und ganz auf seine Freundin konzentrieren musste.

Mit seinem Lichtschwert würde er den effektivsten Schutz bieten können. Blaster wären nur mäßig geeignet. Er würde dazwischen gehen können, falls einer der Wissenschaftler attackiert wurde. Und natürlich könnte er auch bei der Ausgrabung helfen und vielleicht hätte ihn das Kor auch aus einem bestimmten Grund hergeführt. Er dachte laut darüber nach, ob nicht auch Vela und Jolene allein hierbleiben könnten. Doch sie waren die Pilotinnen und auch ihre Kampfkraft würde vermutlich benötigt werden. Schließlich versprach er Jolene hoch und heilig, dass sie sich wegen Auren keine Sorgen machen brauche. Das war spätestens der Moment, an dem Vela sich ganz weit weg wünschte. An einen angenehmeren Ort. Zum Beispiel in das Maul eines Rancors.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 11:24

Jolene musste sich ein Schmunzeln verkneifen, als Enric begann, ganz sachlich und ausschweifend zu argumentieren. Sie tat zwar immer so, als würden seine langen Monologe sie nerven. Doch ihr wurde gerade bewusst, wie sehr sie zu ihm gehörten. Und sie liebte einfach jedes Detail an ihm.

Schließlich endete Enric, sah Jolene unsicher an und sagte zu ihr: "Du siehst, es wäre am logischsten, wenn ihr zurückfliegt und ich bleibe, meinst du nicht auch, Liebes?"

"Okay", erwiderte Jolene schlicht und lächelte ihn an.

"Aber schau doch mal, ..." wollte Enric seine Ausführungen untermauern. Dann stutzte er. "Hast du gerade 'okay' gesagt?" Verblüfft schaute er Jolene an. Auch Vela war der Meinung, sich verhört zu haben.

Die Kopfgeldjägerin warf ein: "Ähm, ja, super, dass wir das geklärt haben. Ich muss noch... äh... die Sprüche vom Schiff überprüfen..." Und schon machte sie sich aus dem Staub.

"Ich sehe doch, dass du hier gebraucht wirst", sagte Jolene. "Und ich habe endlich verstanden, dass meine Eifersucht absolut grundlos ist. Ich vertraue dir."

"Du bist aber wirklich Jolene, ja?" Enric konnte sich ihren Sinneswandel beim besten Willen nicht erklären. Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Wenn sie es ernst meinte, wäre nicht dann das größte Problem in ihrer Beziehung gelöst?

Jolene zog ihn zu sich heran und küsste ihn innig. "Brauchst du noch mehr Beweise? Wir können uns für fünf Minuten in unsere Kabine verziehen", zwinkerte sie ihrem Freund zu.

Doch Enric brauchte keine Beweise. Er war erfreut, aber gleichzeitig verwirrt. Sie hatte ihm wirklich die Erlaubnis erteilt zu bleiben. Trotz Auren. Trotz der vollkommenen Aufgabe ihrer Kontrolle. Er verzichtete darauf, es weiter zu hinterfragen. Er wollte nicht, dass Jolene ihre Meinung änderte.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 11:45

Jolene ließ Enric sogar schon wieder allein, um den Abflug weiter vorzubereiten. Wenn er es recht bedachte, hatte sie ihm seit der Ankunft hier alle Freiheiten gelassen. Oder war es nur ein weiterer ihrer Tricks? Brachte sie gerade heimlich Wanzen an, um im Nachhinein zu prüfen, ob alles in ihrem Sinne gelaufen war? Versuchte sie gar, einen der Archäologen zum spionieren zu überreden? Jolene war einiges zuzutrauen. So hing Enric seinen Gedanken nach, während er sein Gepäck im Lager der Archäologen verstaute.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 12:06

Am Tag zuvor...
Auren wusste, dass sie bald landen würden. Sie war traurig. Zwar lebte Lizzy, doch das hatte nur weitere Fragen aufgeworfen. Sie dachte an ihre Schwester und ihre Eltern. Und daran, dass Enric bald wieder zurückfliegen würde. Zumindest hatte sie Enric gestern Nacht noch in Ruhe sprechen können. Sie war zuversichtlich, dass ihm immer klarer wurde, wie schädlich Jolene für ihn war. Auren hatte keine Gewissensbisse, die Beziehung der beiden zu sabotieren. Sie war fest davon überzeugt, dass eine Trennung das einzig Richtige sei. Und auf Gateway würde sie die Gelegenheit bekommen, ihn erneut von sich zu überzeugen. Als sie an diese Zukunft dachte, fühlte sie sich besser. Das war ein lohnenswertes Ziel.

Nach der Landung war auch sie überrascht, dass Jolene keine Einwände hatte, dass Enric an der Führung teilnahm. Jolene machte ihr Angst. Und diese Erlaubnis konnte nichts gutes bedeuten. Hatte die junge Frau eine Falle gestellt? Auren beschloss, Jolene keine Angriffspunkte zu bieten. Sie verhielt sich während der Führung neutral Enric gegenüber. Bald schon war sie selbst so absorbiert von den wissenschaftlichen Themen, dass Jolene völlig in den Hintergrund trat.

Beim Abendessen war das mulmige Gefühl sofort wieder da. Auren hatte sich ein gutes Stück entfernt von dem Pärchen hingesetzt und vermied Blickkontakt zu beiden. Der Plan stand fest. Morgen war es Zeit sich zu verabschieden.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 13:16

Am nächsten Tag sprach es sich blitzschnell herum, dass Enric hierbleiben würde. Auren war erfreut und überrascht zugleich. Ihre Kollegen hatten sie wegen der wilden Tiere nicht beunruhigen wollen. Doch nun war sie dankbar für die Reeks. Es würde Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis Jolene zurückkehrte. Zeit genug für tiefgreifende Gespräche mit Enric, die ihn gleichzeitig weiter bestärken würden, eine Zukunft ohne seine jetzige Freundin anzustreben.

Seit ihrer Ankunft war Auren Jolene erfolgreich aus dem Weg gegangen. Sie hatte stets die Gesellschaft ihrer Kollegen gesucht, denn sie hatte Angst davor, dieser unberechenbaren Frau allein zu begegnen. Schon sehr bald konnte sie aufatmen, der Abflug stand kurz bevor.

Dennoch rief auch bei Auren die Natur. Ein kleiner Toilettencontainer war aufgestellt worden, den sie nun aufsuchte. Als sie die Tür wieder öffnete, stand auf einmal Jolene im Weg. Aurens Herz schlug sofort bis zum Hals. "Ich bin fertig, du kannst hinein." Sie versuchte sich nichts von ihrer Nervosität anmerken zu lassen. Doch schon merkte sie, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat.

Auren spürte die Panik in sich aufsteigen, als Jolene die Tür hinter sich zuzog und abschloss. Allein mit dieser Psychopathin... Niemand in der Nähe. Aurens Blick fiel auf Jolenes Rüstung, auf die Waffen, den Granatengurt. Sie wich einen Schritt zurück, hielt sich mit einer Hand am Waschbecken fest, als sie spürte, dass ihre Knie weich wurden.

Auren sah, wie sich ein vermeintlich freundliches Lächeln auf Jolenes Gesicht ausbreitete. Es machte ihr Angst. "Können wir kurz reden?" Jolenes Tonfall klang unschuldig, als hätte sie keinerlei böse Absichten. Auren schluckte. "Ähm, ja, natürlich..." stammelte sie. "Wollen wir nicht lieber rausgehen dafür? Es ist so schönes Wetter." Etwas besseres war der Archäologin in ihrer Panik nicht eingefallen. "Das wird nicht nötig sein..." lächelte Jolene.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 17:25

Dann ließ sie Auren etwas zappeln, sprach nicht sofort weiter. Nur um schließlich zu sagen: "Dr. Horain, ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen können...?" Sie schaute Auren fragend an.

Diese schluckte. "Waren wir nicht schon beim Du?" fragte sie eine Oktave höher. "Aber ich kann Sie auch wieder siezen, das ist gar kein Problem."

"Nein, nein, kein Thema. Passt schon", gab Jolene sich gönnerhaft. "Okay, ich versuch's einfach. Ich weiß jetzt, warum Sie mir Enric wegnehmen wollten, aber ich bin Ihnen nicht böse deswegen. Es ist ja schließlich irgendwie Ihr Job..." Wieder schwieg Jolene. Schien eine Antwort zu erwarten.

Auren wurde blass. Konnte Jolene etwa auch Gedanken lesen? Hatte Enric ihr etwas erzählt. Sie wollte Jolene gerade versichern, dass sie nichts von ihr zu befürchten hatte, da sprach die junge Frau weiter. Auren klappte den Mund sofort wieder zu. Bestimmt war es besser, wenn sie Jolene erstmal ausreden lassen würde.

"Naja, ich weiß jetzt, dass Sie eigentlich nur beste für mich wollten.
Es ist zwar nicht nach Ihrem Plan verlaufen, aber es ist besser so. Glauben Sie mir. Und Sie werden mich und Enric niemals auseinanderbringen können. Wir sind einfach füreinander bestimmt." Jolene lächelte.

Auren stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Sie wusste nicht, was verstörender war. Die Tatsache, dass Jolene wusste, dass sie selbst mit Enric zusammensein wollte? Das Siezen? Dieses grausige Lächeln?

"Ich danke Ihnen jedenfalls für alles, was Sie für mich getan haben. Und, ach ja, die Beleidigungen tun mir leid, kommt nicht wieder vor."

Grauenhaftes Schweigen machte sich breit und wollte gefüllt werden. Auren wagte nicht, diesen Schritt zu tun.

"Wir verstehen uns doch Doktor, oder?" Jolene legte den Kopf etwas schief.

"Ich... ich bin mir nicht sicher? Nein, eigentlich verstehe ich gar nichts?" piepste Auren. Ihr Herz raste. Kalter Schweiß rann ihr über Stirn und Rücken. Hatte jetzt ihr letztes Stündlein geschlagen?"

"Passt schon", erwiderte Jolene scheinbar freundlich. Dann sauste ihre Faust auf Aurens Oberarm zu.

Auren zuckte zusammen, als Jolene traf. Es hatte gar nicht wehgetan. War es das Adrenalin, das die Schmerzen unterdrückte? Auren schaffte gerade so, die Tränen zu unterdrücken.

Jolene wandte sich um und öffnete die Tür. "Viel Spaß bei der Ausgrabung", erlaubte sie sich einen letzten grausamen Scherz.

Auren floh. Sie war kreidebleich, doch sie war immerhin unverletzt. Fast rannte sie zurück zur Ausgrabungsstelle, um sich beim Betrachten der Fundstücke wieder beruhigen zu können.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 19:49

Nach der Entscheidung, dass Enric bleiben würde...
Jolene war zwar nicht davon begeistert, dass Enric sie nicht zurück begleiten würde. Doch sie hatte seine Argumente durchaus verstanden. Natürlich wollte sie nicht tagelang von ihm getrennt sein. Doch auf der anderen Seite war es für ihn hier viel ungefährlicher. Und sie vertraute ihm. Wie hätte eine Wahnvorstellung sie denn jemals betrügen können?

Er konnte sich offensichtlich noch immer nicht an die Klinik erinnern. Vermutlich hatte er alles vergessen, weil es nicht seine Welt gewesen war. Und sie würde ihm definitiv nicht eröffnen, dass er nicht real war.

Auch, wenn es sich entfernt anfühlte, sie hatten sich gestritten. Wieder war Eifersucht das Thema gewesen. Doch das war nun vorbei. Und diese Situation kam wie gerufen, um ihrem Freund zu beweisen, dass sie es ernst meinte.

Doch eine Sache wollte sie noch unbedingt erledigen. Sie hatte sich nicht wirklich von Dr. Horain verabschieden können. Doch wenn sie richtig lag, könnte es sein, wie bei dem Gespräch mit Ysanne oder Corbyn. Vielleicht würde sie das Gespräch gleichzeitig auch in der echten Welt führen können.

Möglicherweise war das auch der Grund, dass sie Auren seit gestern nirgends allein erwischte. Vielleicht stand der Termin mit der realen Ärztin einfach erst später an. Jolene hielt die Augen offen nach einer passenden Gelegenheit...

Endlich. Auren machte sich auf den Weg zum Toilettencontainer. Das war Jolenes Chance. Schon war sie dort und zwängte sich durch den Türspalt. Sie wollte die Ärztin unbedingt allein sprechen.

Auren schien überrascht. "Ich bin fertig, du kannst hinein."

Jolene zog die Tür zu und schloss ab. Sie war nervös. Bisher hatte sie nicht offen mit Dr. Horain sprechen können. Vielleicht wäre das sogar die einzige Gelegenheit und sie wollte sie nicht vermasseln. Sie spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat und sie atmete durch. Am Rande bemerkte sie, dass Auren sich am Waschbecken festhielt. Sie stellte sich die echte Ärztin vor, die sich wohl gerade lässig an ihrem Tisch abstützte.

Jolene lächelte freundlich. "Können wir kurz reden?" Auren schluckte. "Ähm, ja, natürlich..." stammelte sie. "Wollen wir nicht lieber rausgehen dafür? Es ist so schönes Wetter."

Schade, kein Anzeichen von der echten Dr. Horain bisher. "Das wird nicht nötig sein..." lächelte Jolene dennoch.

Sie sammelte sich. Wie am besten anfangen? Schließlich entschied sie sich: "Dr. Horain, ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen können...?" Sie schaute Auren fragend an.

Diese schluckte. "Waren wir nicht schon beim Du?" fragte sie eine Oktave höher. "Aber ich kann Sie auch wieder siezen, das ist gar kein Problem."

"Nein, nein, kein Thema. Passt schon", eine Jolene ab. "Okay, ich versuch's einfach. Ich weiß jetzt, warum Sie mir Enric wegnehmen wollten, aber ich bin Ihnen nicht böse deswegen. Es ist ja schließlich irgendwie Ihr Job..." Wieder schwieg Jolene. Dachte darüber nach, wie sie am besten fortfahren sollte. Bemerkte gar nicht, wie blass Auren plötzlich geworden war.

"Naja, ich weiß jetzt, dass Sie eigentlich nur beste für mich wollten.
Es ist zwar nicht nach Ihrem Plan verlaufen, aber es ist besser so. Glauben Sie mir. Und Sie werden mich und Enric niemals auseinanderbringen können. Wir sind einfach füreinander bestimmt." Jolene lächelte. Ja, so war es richtig. Dr. Horain brauchte sich keinerlei Hoffnungen machen, dass Medikamente oder Therapie jemals wieder anschlagen würden. Das hatte sie deutlich klargestellt.

"Ich danke Ihnen jedenfalls für alles, was Sie für mich getan haben. Und, ach ja, die Beleidigungen tun mir leid, kommt nicht wieder vor", erinnerte sich Jolene an das Versprechen, das sie dem Doc gegeben hatte und entschuldigte sich, auch wenn die Auren in dieser Welt hier nie direkt von ihr beleidigt worden war.

Jolene wartete auf eine Antwort von Auren, die niemals kommen sollte.

"Wir verstehen uns doch Doktor, oder?" fragte Jolene schließlich und legte den Kopf etwas schief. Ob sie vielleicht doch noch ein Signal ihrer Ärztin bekommen würde?

"Ich... ich bin mir nicht sicher? Nein, eigentlich verstehe ich gar nichts?"

"Passt schon", erwiderte Jolene freundlich, wenngleich etwas enttäuscht. Sie knuffte freundschaftlich Aurens Oberarm und wunderte sich, als diese plötzlich zusammenzuckte. Sie wurde gewahr, wie fertig Auren aussah. Nun gut, Hirngespinst-Auren war sicher verwirrt von ihren Worten, doch wen kümmerte das schon?

Jolene wandte sich um und öffnete die Tür. "Viel Spaß bei der Ausgrabung", tat sie nun doch einen Versuch, die Situation etwas zu entschärfen. Der jungen Frau wurde nun doch klar, dass sie Auren einen ganz schönen Schrecken eingejagt hatte. Schon war die Archäologin auf und davon.

Jolene zuckte mit den Schultern. Sie schloss die Tür wieder. Wo sie schon mal hier war...

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 20:15

Vela sah zufällig, wie Auren den Container verließ. Doch warum zog eine Hand danach direkt wieder die Tür zu? Die Archäologin hastete blind an ihr vorbei, wirkte, als hätte sie gerade ein Gespenst gesehen. Vela hatte da so einen Verdacht und wartete ab.

Es hätte sie zwar nicht überrascht, wenn Enric herausgekommen wäre. Doch gewettet hätte sie eher auf Jolene und damit auch gewonnen.

Sie sprach Enrics Freundin an. "Du sag mal, ich habe gerade Auren gesehen. Ist alles okay?"

"Hey, Schwester", wurde Vela begrüßt. "Alles bestens." Jolene zuckte mit den Schultern, als wäre nichts gewesen.

"Ganz sicher?" vergewisserte sie sich noch einmal.

"Klar", erwiderte Jolene gut gelaunt.

"Na, wenn du das sagst..." So oder so, es war sicher keine gute Idee sich da einzumischen. Immerhin lag ein mehrtägiger Rückflug zusammen mit Jolene vor ihr. "Ich, äh, tu dann mal Dinge", zog sich Vela aus der Affäre. Und schon ging sie ihrer Wege.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 22:03

Jolene gesellte sich wieder zu Enric. Die kurze Zeit, die noch blieb, wollte sie selbstverständlich mit ihm verbringen. Es kam ihre eine Idee. Da keine Comlink Verbindung möglich war, überzeugte sie ihren Freund einmal täglich zu einer bestimmten Zeit mit der Macht nach ihm spüren zu dürfen. In Nitrams Schiff ließ sich die Lichtfarbe einstellen. Grün würde bedeuten, dass alles in Ordnung war. Bei rot war Hilfe erforderlich und das Team würde unverzüglich zu ihm kommen. Sollte er sich woanders aufhalten, würde Jolene eine Stunde später erneut nachspüren und im Zweifelsfall ebenfalls zu ihm zurückkehren. Ihr war einfach wichtig, dass sie Enric in Sicherheit wusste. Und er schlug ihr ihren Wunsch nicht aus.

Dann war es so weit. Jolene, Vela und der Professor waren bereit für den Abflug. Jolene hatte nur noch Augen für Enric. Sie umarmte ihn lange, versicherte ihm noch einmal, wie sehr sie ihn liebte und gab ihm schließlich einen sehr innigen Abschiedskuss. Es störte sie nicht im geringsten, dass die Archäologen zusahen. Natürlich waren sie alle gekommen, um Oruni und der Crew einen guten Flug zu wünschen. Enric war diese zur Schau Stellung von so viel Intimität deutlich unangenehm, zumal sie vor seinen Kollegen und schlussendlich auch vor Auren stattfand.

Und dann hob das Schiff ab...

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 17.06.2022 22:12

Auch Auren war zur Verabschiedung erschienen. Sie hatte sich wieder beruhigt, doch hielt noch immer den meist möglichen Abstand zu Jolene. Sie wünschte ihrem Doktorvater einen guten Flug. Dabei sah sie im Hintergrund, wie Jolene und Enric Lebewohl sagten. Er hatte doch nicht etwa seine Meinung bezüglich Jolene geändert? Doch allein das Hierbleiben war ein deutliches Zeichen für die Wissenschaftlerin, dass Jolene wohl nicht mehr so lange Enrics Freundin sein würde. Als das Schiff endlich in der Luft war, fiel Auren ein Felsbrocken von Herzen. Endlich war der Weg frei, um Enric Schritt für Schritt zurück zu erobern.

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von Anne » 30.06.2022 00:18

Jolene, Vela und Professor Oruni hatten das Lager der Archäologen bereits seit einigen Stunden verlassen. Enric hatte die Zeit genutzt um sich mit seinen Kollegen auszutauschen. Er ließ sich Details über ihre Ausgrabung hier berichten und beantwortete auch selbst gelegentlich die ein oder andere Frage bezüglich seiner eigenen Forschung, wobei er sich dahingehend im Moment noch eher bedeckt hielt. Oruni und Auren genügten ihm vorerst als eingeweihte Personen. Auch Fragen zu seiner Jediausbildung und den erlebten Abenteuern beantwortete er wenn überhaupt nur äußerst knapp. Immer wenn seine Kollegen auf solche Themen kamen versuchte er alsbald das Gespräch auf etwas anderes zu lenken, was sich auch nicht als besonders schwierig erwies, denn zu erzählen hatten sie sich genug.
Enric aß mit den anderen zu Abend, dann beschloss er noch einen Rundgang um das Camp herum zu unternehmen, um zu überprüfen ob alles sicher war. Zur Abwechslung trug er tatsächlich seine Rüstung. Natürlich hatte er auch sein Lichtschwert und seinen Blaster dabei.
Der junge Mann hatte Auren gefragt, ob sie ihn begleiten wolle und sie hatte zugestimmt. Es dämmerte bereits, als die beiden am Rand der Ruinen entlang spazierten. Enric hielt aufmerksam Ausschau nach Spuren der Reeks. Trotzdem wirkte er bester Laune und als könnte er sich nichts Besseres vorstellen, womit er seine Zeit verbringen wollte. Schließlich strahlte er Auren an und sagte: "Ich kann es kaum glauben, dass ich wirklich hier bleiben durfte. Das fühlt sich fast ein bisschen wie Urlaub an. Urlaub in meinem früheren Leben, sozusagen. Was wir nicht alles machen können in dieser Zeit... Wir könnten zusammen kochen, über alte Zeiten reden oder Strategiespiele spielen - die anderen haben dazu irgendwie nie Lust und bestehen immer auf alberne Glücksspiele, bei denen sie sich gegenseitig übers Ohr hauen. Außerdem kann ich jetzt so 'ekelhaft versnobbt' reden wie ich möchte. Das wurde mir zumindest über unsere Sprechweise zurückgemeldet." Er verdrehte kurz die Augen. In der Tat sprach er seit Jolene nicht mehr hier war ausschließlich in seinem Heimatdialekt. "Na ja, wie auch immer. Und ich muss dir natürlich noch richtig beibringen mit einer Blasterpistole zu schießen. Und das beste ist, dass wir bereits jetzt damit beginnen können dich in alles einzuarbeiten was die Tal She betrifft. Ich habe ja nun auch mein Datapad zurück. Darauf werde ich dir Aufnahmen von den Orten zeigen können, die ich besucht habe und... Entschuldige, ich rede die ganze Zeit schon wieder davon, was ich möchte. Wahrscheinlich bist du nach all den Strapazen der letzten Tage froh, wenn du etwas Ruhe hast. Ich sollte dich wohl nicht so vereinnahmen..."

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Re: Eine neue, alte Welt

Beitrag von goldie » 30.06.2022 06:01

Auren war seit dem Start des Schiffes sehr beschäftigt gewesen. Oruni hatte ihr in seiner Anwesenheit die Leitung übertragen. Sie ließ sich vom seinem Assistenten auf den aktuellen Stand bringen. Enric durfte natürlich dabei sein, doch Auren wirkte sehr auf ihre Aufgabe konzentriert und sie verschwendete keine Zeit auf Small Talk mit Enric.

Für den Rest des Tages bekam Enric die Archäologin kaum zu Gesicht. Liefen sie sich doch über den Weg, lächelte sie ihm kurz zu, doch sofort ging sie wieder an die Arbeit. Die anderen Archäologen hingegen hatten alle ein offenes Ohr für Enric. Viele versuchten ihn zu den Themen zu löchern, die er vermeiden wollte. Doch die recopianische Höflichkeit verbot ihnen, tiefer zu gehen, als Enric sich diesbezüglich bedeckt hielt. Doch gern erzählten sie ihre eigenen Geschichten.

Das Abendessen verlief in geselliger Runde. Auren jedoch wirkte sehr in sich gekehrt und nachdenklich.

Als Enric sie einlud, mit auf Patrouille zu kommen, hatte sie kurz gezögert, dann aber zugestimmt. Höflich lächelnd hatte sie dem angehenden Jedi zugehört bei seinem Redeschwall. Doch sie hatte sich auch immer wieder nervös umgeschaut.

"Schon gut", sagte Auren leise. Wieder blickte sie sich um. "Ich freue mich, dass es dir hier gefällt." Und schon schwieg sie wieder.

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