Schrecken ohne Ende...?

[goldie]

Corbyn hatte oben in der Nähe gewartet, bereit so schnell wie möglich zu seiner Schwester zu kommen. Und so war er recht schnell unten angekommen.

Jolene hatte die Arme verschränkt und funkelte ihren Bruder herausfordernd an, als er eintraf. Ohne sich abzuwenden sagte sie zu Xid: "Bleiben Sie ruhig. Trotz allem will ich nicht, dass ihm etwas geschieht."

Corbyn runzelte die Stirn. Hatte diese kleine Wombratte ihr etwa doch erzählt, dass Corbyn seine Hände im Spiel gehabt hatte? Doch dann hätte Jolene bereits vorhin ganz anders reagiert. "Was ist hier los?" verlangte Corbyn barsch von Xid zu wissen.

[Anne]

"Ihre Schwester hat mich gerade darum gebeten, Sie zu Ihrem 'Drecksloch von Huttenplaneten' zurück zu senden", sagte Xid mit ungebrochener Freundlichkeit. "Das hatte den Hintergrund, dass Jolene davon ausgeht, dass Sie sie hassen, weil Jolene Ihre Familienmitglieder und Kollegen bei den TechSig von ihrem Leid erlöst hat. Sie denkt, dass Sie ihr nur etwas vormachen, um den Schein zu wahren und Ihr Gesicht nicht zu verlieren. Ich dachte, vielleicht wäre es gut, diese Ansichten Mal auf den Prüfstand zu stellen, bevor ich der Bitte Ihrer Schwester nachkomme."

[goldie]

"Das hast du ihnen erzählt?" fragte Corbyn ungläubig.

Jolene antwortete: "Xid weiß alles. Und wehe, du wagst es, ihm etwas anzutun deswegen. Er steht unter meinem Schutz."

Corbyn wirkte angespannt: "Mr. Duan, Tionne, lassen Sie mich allein mit meiner Schwester reden. Und schalten Sie die Überwachung aus."

Jolene wurde langsam wütend: "Was hast du jetzt vor? Willst du mir erneut vorhalten, welch großer Fehler es war, sie alle zu töten? Das hast du mir doch nie verziehen! Bist du nicht Manns genug, das vor den beiden zu tun?"

Corbyn wirkte nun sehr kühl, seine Miene war undurchdringlich. "Lassen Sie uns allein. Bitte", wandte er sich an Tionne und Xid.

[Anne]

"Ich fürchte, wir können für Sie keine Ausnahme machen. Niemand darf zur Zeit allein hier sein, auch Sie nicht. Zumindest Tionne wird hier bleiben. Für mich besteht eigentlich keine Notwendigkeit. Außer Jolene wünscht sich, dass ich bleibe. Dann werde ich hier sein. Sie haben nichts zu befürchten, Mr. Silverdust. Nichts von dem, was Sie sagen wird diesen Ort verlassen", antwortete Xid zwar gelassen, aber durchaus mit fester Stimme.

[goldie]

Jolene zog ihren Bruder auf: "Na, traust du dich nicht vor den beiden zu sprechen? Du bist ein elender Feigling!"

Corbyns Blick hatte sich wieder auf seine Schwester gerichtet. Er schluckte. Er wollte etwas sagen, doch musste sich räuspern, um Worte hervorbringen zu können: "Du willst also wirklich, dass sie hierbleiben?"

"Sie bleiben wenigstens. Gib's doch zu, nach diesem Gespräch wirst du sowieso abhauen. Du hast doch genauso die Schnauze voll von mir wie Enric."

Corbyn musste sich zügeln. Doch der Unmut war ihm deutlich anzumerken. "Du vergleichst mich mit dieser räudigen Wombratte? Schon vergessen, der Kerl der dich in den Wahnsinn getrieben und dich einfach fallenlassen hat?"

[goldie]

"Er war wenigstens jeden Tag für mich da, im Gegensatz zu dir!"

Corbyn schleuderte ihr entgegen: "Aha? Dir ist also jemand lieber, der dich die ganze Zeit von vorn bis hinten verarscht? Ich verstehe! Weißt du was? Dann hast du..." Er brach ab. Schüttelte den Kopf. "Was tun wir hier eigentlich? Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten." Er schaute sich zu Xid und Tionne um, deren Anwesenheit ihm sichtlich unangenehm war.

Jolene war nach wie vor in Streitlaune. "Ach ja? Das sieht für mich aber ganz anders aus! Was wolltest du sagen? Dass ich selbst Schuld bin? Weil ich zu blöd war, zu erkennen, dass ich nur ein kleines Spielzeug für ihn bin? Nur zu. Du brauchst kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen!" Wütend funkelte sie ihn an.

Corbyn atmete durch. Er musste sich offensichtlich sammeln.

[goldie]

Schließlich fand er seine Worte. Er schaute seiner kleinen Schwester fest in die Augen: "Du hast Recht, ich konnte dir anfangs nicht verzeihen. Es gab bei uns ständig jemanden, der behauptet hat, dass es reversibel ist. Und dann stehst du auf einmal vor mir und das erste, was du sagst, ist, dass du alle getötet hast? Ich hatte die Hoffnung nie aufgegeben, zumindest einige zu retten, auch wenn ich damals noch gedacht habe, ihr seid alle in einer ähnlichen Situation wie ich. Diese Hoffnung hast du mir mit einem Schlag genommen. Princess, es sind jetzt drei Jahre vergangen, seit du mich befreit hast. Glaubst du nicht, ich hatte jetzt genug Zeit, um diese Sache intensiv zu durchdenken? Wir mögen beide unsere Differenzen mit Vater und seiner Frau gehabt haben. Doch trotz allem, so ein Dahinvegetieren hat niemand verdient. Das, was du getan hast. Ich glaube nicht, dass ich die Eier in der Hose gehabt hätte, das durchzuziehen." Corbyn schaute beschämt zu Boden.

[goldie]

Jolene starrte Corbyn verwirrt an. Sie konnte seine Worte nicht recht fassen. Sie regte sich nicht, da sich ihre Gedanken überschlugen.

Corbyn derweil wagte nicht, seine Schwester anzuschauen. Es entstand ein unangenehmes Schweigen.

[goldie]

Schließlich schaute Corbyn zerknirscht auf: "Ich habe dir doch längst verziehen. Ich dachte, zwischen uns ist alles geklärt. Du hast mich ja nie wieder darauf angesprochen."

Jolene starrte ihn einfach nur weiter an, unfähig zu sprechen.

Da ging Corbyn schließlich auf sie zu und nahm sie in den Arm. Zuerst versteifte sie sich, doch dann ließ sie es doch zu. Sie wurde von weiteren Weinkrämpfen geschüttelt. Corbyn hielt sie einfach nur fest.

Er sagte irgendwann so leise, dass es nur Jolene hörte: "Was meinst du, wie vielen Ärsche ich küssen, wie viele Gefallen ich einfordern und wie vielen Leuten ich drohen musste, um auf unbestimmte Dauer zu dir zu können? Du bist mir ganz sicher nicht egal und schon gar nicht hasse ich dich. Ich bin stolz auf meine kleine Schwester."

Jolene konnte sich bei seinen Worten ein Schmunzeln nicht verkneifen. Doch dann wurde sie wieder ernst. "Oh ja", sagte sie auch für Tionne und Xid gut vernehmbar. "Du kannst wahnsinnig stolz auf mich sein. Ich habe es ja unglaublich weit gebracht." Sie machte eine umfassende Handbewegung auf die Zelle.

"Princess, du weißt, was ich meine", sagte er, während er sie etwas von sich schob, um ihr in die Augen schauen zu können. "Du bist bald eine Jedi. Du hast im Alleingang HQ2 infiltriert. Und dann dieses Tal-She Ding. Du hast so wahnsinnig viel erreicht. Auch Keeran wäre unglaublich stolz auf dich."

Jolene begann zu schluchzen. "Geh", brachte sie schließlich hervor.

"Hab ich was falsches gesagt? Princess, ich bin auf deiner Seite! Du kannst doch nicht ernsthaft meinen, dass ich mich verabschieden soll."

Jolenes Hand glitt unbewusst in ihre Tasche. Fand den Stein. Ihre Faust schloss sich darum. Dann wurde ihr gewahr, wessen Geschenk sie in der Hand hielt.

"Raus hier!" schrie sie ihren Bruder an. Dabei warf sie den Stein mit voller Wucht gegen die Schleusentür. Ein leises Klacken war zu hören, als er abprallte.

Ihr Bruder verstand die Welt nicht mehr: "Das kannst du nicht wirklich wollen", murmelte er, noch immer vor ihr stehend.

[Anne]

"Bitte respektieren Sie den Wunsch Ihrer Schwester für heute. Wir können auch gerne nachher nochmal miteinander sprechen, falls Sie Bedarf haben", sagte der Therapeut an Corbyn gewandt.
Er ging zu dem Stein herüber und hob ihn auf. Fragend schaute er Jolene an. "Erlauben Sie, dass ich das hier später hier heraus bringe?"

[goldie]

Corbyn schluckte schwer: "Falls du es dir anders überlegst, ich bin nicht weit weg." Dann drehte er sich um und wartete, dass sich die Tür öffnete.

Er sah unglaublich mitgenommen aus. Das Angebot, später mit dem Therapeuten zu sprechen, ignorierte er schlichtweg.

Dann fragte Xid Jolene nach dem Stein.

"Vernichten Sie es", zischte die junge Frau.

[Anne]

Xid betrachtete den Stein in seiner Hand und fragte sich, ob seine Patientin nun ernstlich von ihm erwartete, zum nächsten Vulkan zu fliegen, um das Erinnerungsstück loszuwerden. Er konnte sich nicht denken, wie er ansonsten einen massiven Stein vernichten sollte.
"Ich werde mich darum kümmern", versicherte er zunächst einmal und steckte ihn ein. Tatsächlich beabsichtigte er, ihn gut aufzubewahren. Vielleicht würde Jolene ihn irgendwann zurück haben wollen oder sie bekam vielleicht das Verlangen, ihn selbst zu zerstören.
Als Corbyn gegangen war fragte er: "Wie geht es Ihnen nach diesem Gespräch? Ihre Befürchtungen sind nicht bestätigt worden, wie ich mitbekommen habe."

[goldie]

Jolene fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Es ist mir alles zu viel. Es will mir nicht in den Kopf, dass ich ihm was bedeuten könnte. Oder irgend jemand sonst." Sie ließ sich erschöpft in einen der Stühle fallen und starrte auf den Boden.

[Anne]

"Kein Wunder, nach allem, was Sie heute gehört haben. Ihr Weltbild ist ziemlich aus den Fugen geraten und das innerhalb weniger Stunden. Ich glaube, das war genug für Sie für diesen Tag. Was würde Ihnen jetzt gut tun? Möchten Sie sich etwas ausruhen? Oder wollen wir noch darüber reden? Mögen Sie etwas Ablenkung?", fragte Xid, der sich zu Jolene gesetzt hatte.

[goldie]

"Weiß nicht. Ich würde nur nicht gern allein sein."