Schrecken ohne Ende...?

[goldie]

"Es gibt Wege, die sind sinnvoll und Wege, die sind es nicht. Das ist pure Allgemeinbildung." Er nahm auch einen Keks, dann gleich noch einen. Tatsächlich knurrte seit geraumer Zeit sein Magen. "Und wenn ich sowas vor hätte, würde ich es Ihnen sicher nicht auf die Nase binden. Mal davon abgesehen, dass er die nächste Mission wohl eh nicht überlebt. Wissen Sie, was das verrückte ist? Von all den Kerlen, mit denen sie angebändelt hat, war er der einzige, der meinen Segen gehabt hätte. Machte einen vernünftigen Eindruck, als ich ihn kennengelernt habe. Ein Nerd, ganz klar, aber es schien zu passen zwischen den beiden. Dass er einfach den Schanz einkneift, wenn es mal Probleme gibt... Der soll sich seine Gefühle für Jolene sonstwo hinstecken. Soll er doch draufgehen oder mit dieser neuen Tussi abziehen. Wenn der sich jemals wieder an Jolene ranmacht, dann kann er was erleben." Frustriert griff Corbyn nach weiteren Keksen.

[Anne]

"Ihren Segen...?" Auch Xid schien mit dieser Formulierung nicht sehr viel anfangen zu können. Sein äußerst dezenter Akzent verriet seine Herkunft von Coruscant.
"Ich glaube, Sie unterschätzen, wie schwer es ist jeden einzelnen Tag vierundzwanzig Stunden mit einer psychotischen Person zu verbringen, die zudem noch eine solche Obsession mit ihm hatte. Das hat nichts mit 'mal Probleme haben' zu tun. Ich sehe Ihnen an, wie mitgenommen Sie bereits davon sind, seit wenigen Tagen einige Stunden täglich in dieser Situation zu sein. Darüber hinaus müssen Sie sich fragen, was zum größeren Wohl für Ihre Schwester geführt hat? Jolene wäre heute nicht auf diesem guten Weg und an dem Punkt, wo sie jetzt steht, wenn er bei ihr geblieben wäre. Enric weiß das. Sicher hat er sie auch verlassen, weil er das für sich nicht mehr konnte. Doch ich kenne ihn sehr gut und ich behaupte, dass er es auch getan hat, weil er wollte, dass Ihre Schwester wieder gesund wird und nicht länger so abhängig von ihm ist. Enric hat nicht damit gerechnet, dass wir Jolene so unterbringen würden und was überhaupt geschehen würde, wenn er sie verlässt. Er ist wohl davon ausgegangen, dass es reicht, wenn Jolenes Freunde nach ihr sehen und auf sie aufpassen. Wie ich hörte hat er mehrere Leute darum gebeten, dies zu tun. Als er erfahren hatte, dass Jolene eingesperrt ist und dass wohl irgendetwas vorgefallen sein muss war er außer sich. Nur Tionnes verständnisvoller und einfühlsamen Art haben wir es zu verdanken, dass er daraufhin nichts Dummes getan hat. Und mir ist auch bewusst, dass es schwer zu ertragen für Sie ist, dass er Ihrer Schwester heute so sehr wehgetan hat. Ob das der richtige Weg war, darüber kann man sicher lange diskutieren. Aber er hat sein Versprechen Ihnen gegenüber eingehalten. Er hätte Jolene auch leicht wieder für sich gewinnen können. Stattdessen tat er, was er getan hat, obwohl er anscheinend noch Gefühle für sie hat. Enric hat seine Fehler, aber er ist kein schlechter Mensch. Deshalb finde ich es unangemessen, ihm zu wünschen, dass er diese Mission nicht überlebt."
Xid dachte bei sich, dass man Enric im Bezug auf seine neue Freundin viel eher Vorwürfe machen könnte, als was Jolene betraf aber das sprach er nicht aus. Es stand ihm seiner Meinung nach auch nicht zu, darüber ein moralisches Urteil zu fällen.

[goldie]

Corbyn hatte aufgehört, Kekse zu essen und hörte Xid mit grimmiger Miene zu.

"Sie scheinen ihn ja wirklich gut zu kennen", brummte er. "Sei's drum. Hauptsache meine Schwester wird schnell wieder gesund. Wie soll ich denn mit ihr umgehen, wenn sie wieder ihre Anwandlungen hat? Und wenn Sie sagen, das wird noch einige Zeit so weitergehen, wann ist es endlich damit vorbei?"

[Anne]

"Ich denke, die 'Anwandlungen' Ihrer Schwester werden nun deutlich weniger auftreten und vielleicht bald ganz verschwinden. Wann das genau sein wird, weiß ich nicht, aber die Medikamente, die sie bekommt, tragen natürlich auch ihren Teil dazu bei", antwortete Xid. Dann erzählte er Corbyn noch, was seine Pläne bezüglich Jolenes Ausgang waren, falls es in den nächsten Tagen weiterhin so gut funktionierte.
"Ich bin also zuversichtlich, was ihren Heilungsverlauf betrifft. Ihre Schwester macht das sehr gut. Trotzdem, geben Sie ihr bitte die Zeit, die sie benötigt. Wie geht es Ihnen denn hier im Praxeum? Haben Sie sich schon ein wenig einleben können? Es ist ja nicht davon auszugehen, dass sie nächste Woche wieder abreisen werden, denke ich."

[goldie]

"Ich werde so lange bleiben, wie es nötig ist. Ziemlich langweiliges Fleckchen hier. Hätte nie gedacht, dass es Jolene mal an so einen Ort verschlagen würde. Die Cantina gibt auch nicht besonders viel her. Da sieht's im Huttenraum um einiges anders aus. Sie wollten mir noch sagen, wie ich mit ihr am besten umgehe, wenn sie mal wieder am durchdrehen ist."

[Anne]

"Ach ja, entschuldigen Sie bitte. Es war ein langer Tag. Wie würden Sie denn von sich aus darauf reagieren? Was ist ihre natürliche Art mit so etwas umzugehen?", erkundigte Xid sich.

[goldie]

"Sie meinen, wenn sie anfängt, mich zu beleidigen und solchen Unsinn zu erzählen, dass ich ihr nicht wichtig bin? Ich würde natürlich kontern oder die Dinge richtigstellen. Aber in ihrem aktuellen Zustand tut ihr das sicher nicht gut. Es ist schwer, sie so zerbrechlich zu erleben. Ein falsches Wort und sie steigert sich wieder in ihren Wahn." Frustriert machte sich Corbyn wieder über die Kekse her."

[Anne]

"In der Phase, in der Jolene jetzt ist, können Sie Dinge ruhig richtig stellen, die Jolene äußert und von denen Sie wissen, dass es anders ist - aber ruhig, sachlich, mit Geduld. Denken Sie daran, dass Ihre Schwester nicht mit Absicht Dinge denkt, die nicht stimmen. Das ist weder eine Lüge noch ein Angriff auf Sie als Person. Und was die Beleidigungen angeht, so dachte ich eigentlich, dass sich das gar nicht so sehr von ihrer üblichen Ausdrucksweise unterscheidet. Sie benutzen doch selbst auch gerne eher derbe Umschreibungen. Dass Jolene im Moment etwas dunnhäutig ist, ist sehr verständlich. Sie hat eine Menge durchgemacht, seit Jahren schon. Da ist es eigentlich fast eher bemerkenswert, dass sie ihre Gefühle nach wie vor noch so gut spüren kann. Ich werde Ihnen Mal ein wenig Informationsmaterial für Angehörige zuschicken. Sie sagten ja, Sie langweilen sich. Vielleicht können Sie sich die Zeit etwas mit Lesen vertreiben", schlug Xid vor. Er schickte einige Dateien an Corbyn. Von "Psychisch krank - Was nun?" über "Psychose - Was ist das?" und "Selbsthilfe für Angehörige von Personen mit seelischen Erkrankungen" war alles mögliche dabei. Eine Datei hieß "Selbsttest - Ist mein Trinkverhalten noch normal?". Diese hatte sich anscheinend versehentlich dazwischen geschummelt.

[goldie]

"Meinetwegen, schicken Sie es ruhig." Noch schaute er sich die eingehenden Daten nicht an.

"Wenn Sie von Richtigstellen reden... Sie haben aber nicht vor, ihr auf die Nase zu binden, dass Enric sie angelogen hat? Jetzt hat sie wenigstens die Schnauze voll von ihm und er vergiftet nicht mehr ihre Gedanken."

[Anne]

"Nein, das habe ich nicht vor. Das Richtigstellen bezog sich eher darauf, wenn Jolene zum Beispiel Dinge über ihre Familie oder die Vergangenheit falsch wiedergibt. Es wäre ohnehin fraglich, ob sie mir das glauben würde. Was meinen Sie damit, er habe ihre Gedanken vergiftet?", fragte Xid.

[goldie]

"Gut", nickte Corbyn, als Xid bestätigte, nichts von Enrics Lügen korrigieren zu wollen.

"Er hat drei Jahre fast jeden Tag mit Jolene verbracht. Wollen Sie mir ernsthaft sagen, dass das keinerlei Einfluss auf sie hatte? Irgendwie muss sie doch zu diesen Einsichten gekommen sein. Vielleicht hat er sie ja noch darin bestärkt, wie schlimm das alles für sie gewesen ist, was sie erlebt hat. Sie wird doch nicht einfach von heute auf morgen wahnsinnig. Klar, sie hat schreckliche Sachen erlebt. Doch das hat sie doch immer gut weggesteckt. Früher war sie jedenfalls nicht so drauf. Auch nicht, nachdem sie mich von den Techsig befreit hatte. Und zu dem Zeitpunkt hatte sie auch schon einiges durchgemacht."

Frustriert aß Corbyn einen weiteren Keks. Es waren nicht mehr viele übrig.

[Anne]

"Wissen Sie, Ihre Schwester war schon immer gut darin, Leuten etwas vorzumachen. Dass es ihr gut ging hat sie sehr lange erfolgreich allen möglichen Personen vorgaukeln können. Gestimmt hat es deshalb trotzdem nicht. Schon als Ihre Schwester Sie befreit hat, hatte sie massive Probleme. Sie hatte sich mit einem Machtgeist der dunklen Seite verbündet und war zerfressen von ihrem Hass. Sie hat im Affekt getötet und war lange Zeit schon unberechenbar. Ein Ausbruch, wie wir ihn jetzt erleben erfolgte trotzdem nicht. Und wissen Sie warum? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Liebe und das Vertrauen ihres Freundes hilfreich für sie waren. Sie hatte jemanden zum Reden und in Enric einen Mann gefunden, der sie trotz all dem, was sie erlebt und getan hat liebte. Die beiden sind sehr verschieden, weshalb es zwischen ihnen regelmäßig zu Meinungsverschiedenheiten kam. Aber dennoch würde ich sagen, im Großen und Ganzen haben sie einander lange gut getan - bis Jolene zu sehr erkrankte, um eine Beziehung führen zu können. Das wäre früher oder später sowieso geschehen. Doch das war nicht seine Schuld, da bin ich mir sicher. Ohne ihn hätte sie sich vermutlich auch nicht dazu bereit erklärt, sich von den Jedi unterrichten zu lassen. Sie hat von ihnen sehr viel gelernt. Wir können ziemlich sicher sein, dass das Training der Jedi Ihre Schwester vor dem Untergang bewahrt hat. Was es bedeutet, der dunklen Seite zu verfallen, können die Jedi Ihnen besser erklären als ich. Vielleicht fragen Sie Mal Ysanne ist Tionne danach, oder wen Sie hier sonst so an sozialen Kontakten haben. Es ist sicherlich gut, wenn Sie hier ein paar Bekanntschaften machen, da Sie ja eine Weile hier sein werden. Vielleicht lernen Sie ja noch die Ruhe ein wenig zu schätzen, im Vergleich zu den Orten, wo Sie sonst so unterwegs sind..."
Xid goss sich und Corbyn etwas Tee ein und schob seinem Gegenüber die Tasse zu.

[goldie]

Corbyn starrte seine Tasse eine Weile an. Nahm sie in die Hand. Trank einen Schluck. Verzog keine Miene. Dann stand er auf. "Danke für die Kekse, Mr. Duan. Haben Sie einen schönen Abend."

Offensichtlich wollte er aufbrechen.

[Anne]

"Sie mögen wohl keinen Tee?" Xid schmunzelte.
"Sagen Sie, war Ihnen das alles bekannt, was ich Ihnen gerade über Ihre Schwester gesagt habe? Was denken Sie jetzt?"

[goldie]

"Wieso? Haben Sie jetzt Angst, gegen Ihre Verschwiegensheitspflicht verstoßen zu haben?" konterte Corbyn.