Widukinds Wächter

"Kommt drauf an, wie frech du zu mir bist. Aber du hast deine Sache auch nicht schlecht gemacht. Falls dir diese Jedi Sache zu öde wird, kannst du mal über eine Karriere als Agentin nachdenken", zwinkerte er ihr zu.

"Was heißt denn hier frech? Du warst es doch, der zwei anständige Damen bei ihrem eloquenten Austausch belauscht hat. Wenn das nicht Mal mindestens genauso unerhört ist", gab sie belustigt zurück. "Warum hast du das überhaupt gemacht?"

"Nun ja, deine herzliche Art jemanden wie sie zu begrüßen, passte nicht so recht ins Bild. Da habe ich mich doch gefragt, wohin euer 'eloquenter Austausch' wohl führen möge. Ich hatte ja ähnliches vor, du bist mir nur zuvorgekommen. Was hältst du von ihr?"

Ria überlegte, legte den Kopf schief und sagte: "Ich sag's dir, wenn du mir verrätst, warum du so großes Interesse an der Neuen vom Ex deiner Schwester hast. Und du könntest bestimmt trotzdem noch mit ihr reden, wenn du's wolltest. Bestimmt lässt sie sich drauf ein, auch wenn deine princesshaften Augen dich vermutlich früher oder später verraten würden."

"Ich wollte mir ein neutrales Bild machen. Auf das, was meine Schwester im Moment erzählt, kann ich gerade keinen Credit geben. Laut ihr war diese Auren von Anfang an hinter Enric her und hat ihn so lange manipuliert, bis sie ihr Ziel erreicht hat. Aber es ist auch nicht das schlechteste. Er hat Princess nicht gutgetan. Seit er sie damals verlassen hat, ist es nur noch bergab gegangen mit ihr", schloss er grimmig.

Ria zuckte mit den Schultern. "Die haben sich wohl beide nicht gut getan zuletzt. Aber bergab gegangen wäre es mit ihr vielleicht auch so. Keine Ahnung. Jedenfalls wirkte die gerade nicht unbedingt wie eine durchtriebene Manipulatorin, aber wer weiß, manchmal täuscht man sich ja. Ich wollte ihr eigentlich eine Ansage machen. Was ihr einfällt hier aufzuschlagen, nach allem was sie angerichtet hat. Aber dann war die so nett und freundlich und naiv irgendwie. Scheint sehr gebildet zu sein. Bisschen vom anderen Stern natürlich. Du hast es ja mitgekriegt. Eigentlich ist sie genau wie Enric. Die kennen sich anscheinend auch schon ewig. Ich habe ihn in ihren Gedanken gesehen. Da war er nicht so viel älter, als ich es jetzt bin. Aber mit ihm und ihrer Forschung scheint sie's ernst zu meinen."

"Sie ist seine Ex", sagte er nachdenklich. "Nein, ist schon ganz gut, dass sie sich an ihn dranhängt. Es wäre fatal für Jolene, wenn er wieder in ihr Leben treten würde. Da soll er ruhig mit dieser, wie meintest du... Püppi... abziehen.

"Vielleicht kommt er gar nicht wieder", sagte Ria. Es war nicht so, dass sie das wünschte. Es lag sogar ein wenig Sorge in ihrer Stimme, die aber eigentlich mehr ihrem Vater galt, der ja auf derselben Mission war. "Ist ja ziemlich gefährlich, was die so machen. Warum warst du überhaupt da, als sie abgeflogen sind?"

"Enric und ich, wir haben uns früher recht gut verstanden. Ich habe ihn, sagen wir mal gebeten, dass er meiner Schwester klar macht, dass es ein für allemal aus ist. Und da er sich an unsere Abmachung gehalten hat, war ich kurz zum 'winken' da." Er machte imaginäre Anführungszeichen in die Luft.

"Ist ja richtig nett von dir. Sag Mal, kann's eigentlich sein, dass du Pflanzen hasst? Das letzte Mal hast du dieses Blümchen zerrissen und diesmal malträtierst du einen Grashalm..."

"Ich bin mal fast von einer fleischfressenden Riesenpflanze gefressen worden, das ist meine Rache", zwinkerte er ihr zu uns spuckte den nicht mehr überlebensfähigen Grashalm aus. Hab jetzt ein Date mit meiner Prinzessin. Man sieht sich."

"Oh man, kein Wunder dass du nicht willst, dass irgendein Kerl deine Schwester datet. Wer redet schon so über seine Familienmitglieder wie du gerade. Ihr seid eine komische Familie. Na ja aber ich kann's vielleicht nicht beurteilen. Ich weiß nicht Mal ob und wenn ja wie viele Halbgeschwister von mir da draußen unterwegs sind..." Sie machte eine vage Geste in Richtung des Himmels. "Na dann viel Spaß und richte ihr Mal aus, dass ich an sie denke und sie sehen will."

"Denk doch, was du willst", zuckte er mit den Schultern und konnte sich abermals ein Grinsen nicht verkneifen.

"Ich sag's ihr. Wird aber noch dauern, bis sie dich sehen will. Oder irgendjemand sonst, falls dich das beruhigt."

"Ja, in Ordnung, danke. Du bist ja echt ein korrekter Typ irgendwie", stellte sie fest. Dann verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. "Aber verfolg und belausch mich nochmal heimlich und du wirst mich kennenzulernen, klar? Weißt du wie sie meinen Paps manchmal nennen? 'Schlächter von Lost Hope'. Und ich komm ganz eindeutig nach ihm. Möge die Macht mit dir sein."
Sie schien ihre Drohung nicht ganz ernst gemeint zu haben. Als sie sich von ihm verabschiedet hatte und ihn stehen ließ lächelte sie bereits wieder.