Einfach traumhaft...

[goldie]

Jolene dachte nach. "Ich hätte keine Medikamente gehabt. Also hätte ich mich weiter in die Wahnvorstellung hinein gesteigert. Wäre irgendwo hin geflogen, wo uns niemand folgen kann. Ich wäre nett zu ihnen gewesen, weil ich wusste, dass ich Sie brauche. Vielleicht hätten Sie sich sogar frei auf dem Schiff bewegen können und ich hätte Sie nur eingesperrt, wenn ich schlafen wollte." Sie atmete durch. "Über kurz oder lang wäre ich wohl sehr frustriert gewesen. Ich wäre der dunklen Seite immer näher gekommen. Und vielleicht hätte ich mich eines Tages nicht mehr kontrollieren können. Und dann wäre kein Bodyguard für Sie dagewesen." Tränen stiegen ihr in die Augen. "Es tut mit Leid. Ich wollte Ihnen niemals etwas Böses. Das müssen Sie mir glauben. Es war gut, dass ich hier unten war, wo ich niemanden schaden konnte. Ich weiß, dass es richtig so war." Sie atmete durch. "Aber wissen Sie, warum Ihnen trotzdem nichts passiert wäre? Enric hätte sich ganz sicher aufs Schiff teleportiert und Sie gerettet."

[Anne]

"Meinen Sie? Oder ist das eher so eine Wunschvorstellung von Ihnen, dass er gekommen wäre und alles in Ordnung gebracht hätte? Was denken Sie, wie dieser Versuch von ihm ausgegangen wäre? Erinnern Sie sich, dass Sie in diesem Fall noch immer diese Dinge aus Ihrer Wahnvorstellung über ihn glauben würden und davon auch nicht anzubringen wären."

[goldie]

"Hmm..." Jolene dachte nach.

"Ich glaube schon, dass er gekommen wäre. Sie bedeuten ihm viel. Er hätte Sie sicher befreien wollen. Vielleicht hätte er das Teleportationsartefakt auch Ysanne gegeben, damit sie Sie rettet. Aber nehmen wir an, er wäre gekommen. Natürlich hätte ich ihn nach wie vor für Neil gehalten. Hätte er dieses Spiel mitgespielt, hätte ich ihm sicher geglaubt. Ich wäre mit zurück nach Gateway gekommen, in der Hoffnung ganz neu mit ihm anfangen zu können und Ihnen wäre nichts passiert. Doch hätte er darauf bestanden, dass ich Wahnvorstellungen habe und er nicht Neil ist, dann wäre es früher oder später wohl eskaliert, vor allem wenn er ähnlich bösartig zu mir gewesen wäre, wie als er das letzte Mal hier war. Das hätte dann ganz übel ausgehen können. Ich will mir nicht ausmalen, was dann passiert wäre..." Jolene atmete durch. "Nein, es war schon gut so, wie es gekommen ist. Das Einsperren meine ich. Dass er mit mir Schluss gemacht hat, vor allem auf diese Weise, tut immer noch weh. Aber ich kann ihn wohl kaum zwingen, mit mir zusammenzusein, wenn er eine andere Frau liebt", sagte sie traurig.

[Anne]

Xid sah seine Patientin voller Mitgefühl an. "Es ist gut, dass Sie das nun eingesehen haben, dass es notwendig war. Versuchen Sie, sich daran zu erinnern. Ysanne und ich sind nicht Ihre Feinde. Sie ist nicht Ihre Stiefmutter und ich bin nicht Ihr Vater. Wir haben es getan, weil wir es mussten - auch und vor allem für Sie selbst. Und es gab da noch eine Entscheidung, die wir getroffen haben, von der ich Ihnen jetzt erzählen möchte. Transparenz ist mir wichtig, auch wenn ich nicht sicher bin, wie Sie darauf reagieren werden. In der ersten Zeit, als Sie hier unten waren und es Ihnen so schlecht ging, haben wir dafür gesorgt, dass Sie keinen Besuch empfangen dürfen - und das schloss Enric mit ein. Er hat am Tag nachdem Sie hier untergebracht worden sind von Ysanne von Ihrer Situation erfahren. Wie Sie sich denken können, verbindet auch er mit dem Thema eingesperrt sein eine Menge schlimmer Erinnerungen. Deshalb war er sehr aufgebracht, als er davon erfahren hat. Er hat darauf bestanden, Sie zu sehen und sich sehr misstrauisch und irrational verhalten. Obwohl es Ihr und sein Wunsch war, einen Besuch zu ermöglichen, hielten wir das für eine schlechte Idee. Wir befürchteten, dass er es nicht verkraften würde, Sie hier unten zu sehen und Sie hier herausholen wollen würde. Das hätte Ihre Sicherheit und Ihre Heilungschancen gegen null tendieren lassen. Sie benötigten damals den Abstand, die Unterbringung hier, die Medikamente und die Therapie dringend. Hätte er Ihnen das alles aus einer Kurzschlusshandlung heraus verwehrt, weil ihn diese Situation an sein Trauma erinnert hat, wären Sie noch immer verrückt, um es ganz deutlich zu sagen. Vielleicht haben Sie kein Verständnis dafür. Aber ich wollte es Sie zumindest wissen lassen, falls das Thema jemals zwischen Ihnen aufkommen sollte."

[goldie]

"Warum sollte das Thema jemals wieder aufkommen? Er hat sich gegen mich entschieden. Auf sein falsches Mitleid kann ich verzichten. Es ist gut, dass Sie ihn nicht hier reingelassen haben. Das einzig gute daran, dass er später hier war, war die Erkenntnis, dass er nicht Neil ist und ich mir das alles nur eingebildet habe." Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

"Wir sind nach wie vor Tal-She. Haben Sie irgendeine Idee, wie wir zukünftig zusammenarbeiten können, nach alldem, was zwischen uns war?"

[Anne]

Xid war immer wieder aufs Neue beeindruckt davon, wie Enric und Jolene auf der einen Seite so clever sein konnten und auf der anderen Seite doch so wenig von dem begriffen, was ihnen auf der Welt am wichtigsten war.
"Das wird natürlich eine große Herausforderung. Tatsächlich ist es aber eine, die viele getrennte Paare bewältigen müssen und auch erfolgreich bewältigt haben. Natürlich ist nicht jeder Tal She. Aber manche arbeiten zusammen oder haben gemeinsame Kinder, für die sie nicht mehr als Paar aber als Team funktionieren müssen. Sie werden Ihren Weg finden, da bin ich sicher. Vielleicht wäre es nur ratsam, sich noch einmal zu treffen, bevor Sie auf die nächste Mission zusammen gehen. Dann können sie austesten, ob das realistisch ist und es wird Ihnen nicht erst unter Extrembedingungen klar, ob Sie beide dazu in der Lage sind."

[goldie]

Jolene grübelte vor sich hin. "Wann werden sie eigentlich zurück erwartet? Ria hat gesagt, sie infiltrieren die Techsig... Wissen Sie genaueres über die Mission?"

[Anne]

"Allzu viel ist mir auch nicht darüber bekannt. Ich weiß nur, dass die Tal She vom Kreis der wahren Macht hier gewesen sind. Sie haben Ihren Kollegen wohl Koordinaten gegeben, wo sie etwas Hilfreiches finden könnten. Diese Koordinaten befinden sich im TechSig Gebiet, bei einer Bohrinsel oder so etwas. Dieser Waffenmeister hat Ihren Kollegen anscheinend eine Art Stellenausschreibung zukommen lassen, mit deren Hilfe sie sich dort unauffällig hinbegeben können. Vela, Syron, Enric und ein paar Droiden sind dorthin mit einem fremden Raumschiff aufgebrochen, weil ihres bereits bekannt sein dürfte", gab Xid wieder, was er gehört hatte.

[goldie]

"Sie sind da einfach so hingeflogen? Sie sind doch so miserabel bei Infiltrationen... Warum ist der KdwM nicht allein dahin geflogen? Nach der herben Niederlage wollten sie sich vielleicht nur rächen. Was, wenn ihnen was passiert? Und ich war nicht da, um sie zu beschützen..." Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

[Anne]

"Ich denke, Ihre Kollegen werden sich schon Gedanken darüber gemacht haben. Einer dieser Droiden hat wohl gesagt, dass er gut in solchen Sachen sei. Vielleicht haben sie ja auch Ihren Bruder um seine Expertise gebeten. Ich weiß es nicht. Ich bin da ehrlich gesagt nicht so im Bilde. Sie selbst konnten jedenfalls nicht an dieser Mission teilnehmen. In Ihrem Zustand wären Sie eher eine Gefahr als eine Bereicherung gewesen. Sie konnten jedoch nichts dafür. Ganz bestimmt haben Sie es sich nicht ausgesucht, krank zu werden und in diese Situation zu kommen. Was immer dort geschieht ist nicht Ihre Schuld", sagte Xid mit Nachdruck.

[goldie]

"Die leidige Frage der Schuld." Jolene atmete durch. "Ich hoffe einfach nur, dass alles gut ausgeht. Auch wenn Enric mir so wehgetan hat, ich glaube nicht, dass ich meine Gefühle für ihn jemals abstellen kann. Aber wenn er das ganze überlebt... Ich werde ihn nicht weiter behelligen. Hauptsache er kommt zurück."

[Anne]

"Dass er gesund zurück kommt würde ich mir auch wünschen. Und bisher war am Ende das Glück, oder die Macht oder das Kor, wie er wohl sagen würde, immer auf seiner Seite", sagte Xid. Nur einem sehr aufmerksamen Beobachter würde auffallen, dass er sich insgeheim selbst etwas sorgte. Xid bereute zudem ein wenig, bei seinem letzten Zusammentreffen mit dem Tal She so kurz angebunden gewesen zu sein.
"Sie haben mir vorhin gesagt, dass es Ihnen nun doch wichtig ist, gegen das Xar Kling Shar zu kämpfen", wechselte Xid das Thema. "Bis vor Kurzem waren Sie darüber noch anderer Meinung. Wurde Ihr Sinneswandel allein durch Ihren Traum erzeugt?"

[goldie]

"Der Traum hat mir vor Augen geführt, was auf dem Spiel steht. In dem Traum sind so viele gestorben. Weil die Tal-She nicht mehr ihrer Aufgabe nachgegangen sind. Ich glaube jeder von uns ist wichtig. Deswegen kann ich damit nicht aufhören. Wir haben schon Koi verloren. Owen wird keine Ahnung wie lange nach seinem Vater suchen. Da kann ich nicht einfach aufgeben."

[Anne]

"In Ordnung, das kann ich nachvollziehen, aber bitte versuchen Sie, künftig Ihr Leben weniger anhand von Eindrücken aus Ihren Träumen zu gestalten. Dennoch nimmt Ihr Plan ja allmählich Formen an. Sie möchten weiterhin eine Tal She sein und dieses Kinderheim bauen. Das ist vermutlich bereits mehr als genug. Wie geht es Ihnen mit dieser Aussicht auf Ihr künftiges Leben?"

[goldie]

Sie lächelte: "Das fühlt sich erstaunlich gut an. Ich muss nur noch wieder mit den Leuten da draußen klarkommen." Sie schnaufte: "Und Ysanne irgendwie erklären, dass ich keine Jedi mehr werden möchte. Vielleicht fällt es ihr ja gar nicht auf, wenn ich nicht zum Unterricht zurückkehre."