Besuchszeit

[Anne]

"Ganz lustig." Ria erzählte ein bisschen darüber, wie der Film hieß und worum es grob gegangen war. "Siehst du, ich hab alles mitgekriegt."
Sie zwinkerte Jolene zu, womit sie wohl ausdrücken wollte, dass sie tatsächlich den Film angesehen hatte und nicht anderweitig beschäftigt gewesen war.

[goldie]

"Und das nächste Mal kommst du auch mit, Princess. Du kannst dir dann auch einen Film aussuchen und bist natürlich eingeladen", lächelte Corbyn seine Schwester an.

"Lass mal...", winkte Jolene ab. "Habt ihr Lust auf Pazaak?"

[Anne]

"Nö, ihr schummelt eh und da hab ich keine Chance. Dein Bruder hat auch gesagt, er will mir eure Tricks nicht beibringen. Aber meinetwegen können wir es trotzdem machen. Vielleicht fällt mir ja auf, wie ihr es anstellt. Dann kann ich mir auf bald im Nachtclub was dazu verdienen..."
Grinsend stupste sie Corbyn an.

[goldie]

Jolene schaute stirnrunzelnd zwischen beiden hin und her. "Achso, die Karten", verdrehte sie die Augen. Dann holte sie die Pazaak Karten, mischte, teilte aus und hatte "rein zufällig" ein wunderbares Blatt auf der Hand.

"Mit deinen Fähigkeiten bräuchtest du nicht Karten spielen. Lies die Gedanken irgendwelcher reicher Säcke, bis du die Zugangscodes ihrer Safes hast. Fertig."

[Anne]

"Nee, so arm könnte ich gar nicht dran sein, dass ich meine Würde hergeben würde. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Selbst in den schlechtesten Zeiten hab ich mich keinem an den Hals geschmissen, nur um was dafür zu kriegen. Deren Gedanken brauch ich gar nicht lesen, um zu wissen, was die wollen. Aber ich hab mir immer gesagt, ich will mich am Ende des Tages nicht vor mir selber ekeln müssen. Also hab ich lieber geklaut und ab und zu Mal Überfälle gemacht. Die hatten es aber auch verdient." Jetzt lächelte sie und spielte eine Karte, die sie für ziemlich gut hielt.
"Außerdem sind die reichsten Typen hier mein Paps, dein Ex und Owen... Okay, der war eigentlich süß und ein gestandener Kerl. Aber der ist ja auch abgehauen. Außerdem hab ich mehr als genug."

[goldie]

Zufällig bekam Ria mit, dass Corbyn seiner Schwester einen merkwürdig ernsten Blick zuwarf, als Ria davon sprach, dass sie sich vor sich selbst ekeln würde.

"Ja, hier ist es schon okay. Da braucht man nicht zu klauen." Jolene zog heimlich eine bessere Karte aus dem Ärmel und spielte sie.

Doch Corbyn hatte einen noch besseren Trick auf Lager und gewann den Stich und damit das Spiel.

Jolene schmunzelte. "Nicht schlecht. Bist nach wie vor ein guter Spieler. Diese Strategie muss ich mir merken", spielte sie darauf an, dass sie genau gesehen hatte, wie er geschummelt hatte.

Corbyn lachte: "Ach, pures Glück."

[Anne]

"Häää?" Ria ließ den Blick über die Karten schweifen, um nachzuvollziehen, wie die beiden das schon wieder gemacht hatten. Es gelang ihr nicht. Ein wenig frustriert aber gleichzeitig anerkennend murmelte sie: "Pff, kein Wunder, dass ihr Pech in der Liebe habt..."
Ria sprach schließlich nur noch ein paar leichtere Themen an, unter anderem wie fleißig ihr Bruder heute morgen schon beim Beeren pflücken und einkochen 'geholfen' hatte, dann verabschiedete sie sich mit der Aussicht, sie morgen auf der Krankenstation sofort zu besuchen.
Als Ria und Corbyn das Gebäude bereits fast verlassen hatten, sagte sie zu ihm: "Du musst damit aufhören, Jolene einzureden, dass Enric der Schlimmste ist und sie die ganze Zeit nur verarscht hat. Es geht mir nicht um ihn, obwohl er der beste Kumpel von meinem Vater und damit wahrscheinlich wirklich ganz ok ist. Aber Jolene war echt lange mit dem zusammen, hat ihm total vertraut und ihm alles erzählt. Wenn du ihr jetzt weiß machst, dass sie sich so massiv in ihm getäuscht hat und alles komplett falsch eingeschätzt hat, wie soll sie jemals wieder jemandem vertrauen? Die kann jetzt ja nicht einmal sich selbst trauen, wenn du ihr einredest, dass sie sich auf ihre Wahrnehmung und Einschätzung nicht verlassen kann. Du machst die verrückter, als sie eh schon ist..."

[goldie]

"Soll ich ihr etwa auf die Nase binden, dass er sie nach wie vor liebt, nur damit das gleiche Spiel von vorn losgeht? Offensichtlich ist sie ja schon gar nicht mehr wütend auf ihn. Was meinst du wohl, was sie vorhin fragen wollte? Früher oder später wird sie daran zweifeln, dass er sie belogen hat. Sie wird sehen, dass er sie auf diese Weise verlassen hat, damit sie aus ihrer Wahnvorstellung raus kommen kann. Ihre alten Gefühle flammen auf, dann wird sie zu ihm gehen, ihn überzeugen zu ihr zurückzukehren. Das ist dann der Anfang vom Ende. Nein, da nehme ich lieber in Kauf, dass sie niemandem vertraut. Hat sie eh noch nie getan, weil es gefährlich ist, anderen zu trauen."

[Anne]

"Ach, wer hat euch armen Süßen nur wehgetan, dass ihr niemandem traut..." Ria tätschelte mitleidig Corbyns Arm. "Ist schon gut, Momong. Mir kannst du trauen, ob du's glaubst oder nicht. Man braucht nämlich Leute da draußen, auf die man sich verlassen kann. Die Galaxis ist nicht für Einzelkämpfer gemacht."

[goldie]

"Vielleicht mache ich für dich ja eine Ausnahme." Er zwinkerte ihr zu.

[Anne]

"Das würdest du jetzt natürlich auch sagen, wenn's nicht so wär, du alter Charmeur." Sie schmunzelte. "Ich mache jetzt noch einen Kuchen für Jolene, für morgen. Ist schließlich was Besonderes, dass sie raus kommt. Willst du mitmachen? Du naschst zwar eh alles nur weg, aber ein bisschen Gesellschaft kann trotzdem nicht schaden."

[goldie]

"Alles klar. Wenn es mir um meine Schwester geht, back ich sogar nen Kuchen. Wirst mir ja schon erklären wie das geht."

[Anne]

Es stellte sich heraus, dass Ria selbst noch nicht allzu oft gebacken hatte. Sie hatte aber ein Rezept, welches sie genau befolgte. Es war ein recht aufwändiger Kuchen, weshalb es eine ganze Weile dauerte, ihn zu machen. Rias Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. Sie war gut gelaunt und fühlte sich in Corbyns Gesellschaft offensichtlich wohl. Es entging ihm nicht, dass sie ihn gelegentlich unauffällig von der Seite beobachtete, wenn er den Teig rührte oder die Schokolade klein hackte.
Nachdem sie fertig waren sagte Ria, dass sie noch Aufgaben für ihre Jediausbildung zu tun hätte. Sie verabredete sich mit ihm für den nächsten Tag, umarmte ihn ganz kurz mit nur einem Arm und machte sich anschließend zügig aus dem Staub.

[goldie]

Corbyn mochte es, mir Ria Zeit zu verbringen. So gute Laune hatte er lange nicht gehabt. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte das Backen ruhig noch länger dauern können. Das band er Ria natürlich nicht auf die Nase. Die Umarmung verblüffte ihn und als erstes klopfte er seine Taschen ab, ob sie ihm etwas gestohlen hatte. Etwas zu spät rief er ihr hinterher: "Bis später, Garten-Nexu!"

[goldie]

Am nächsten Tag hatten Corbyn und Ria ihren ersten Besuch nach Jolenes Verlegung. Natürlich hatten sie den Kuchen mit dabei.

Das Zimmer hätte nicht unterschiedlicher sein können zu der Zelle. Licht flutete durch ein großes Fenster, das einen wunderschönen Blick auf den Garten freigab. Das Zimmer war groß, hell und freundlich, es hingen Bilder an den Wänden, die verschiedene Naturmotive zeigten. Auch hier gab es einen Bildschirm für Filme, der Sandsack und auch die Meditationskissen waren ebenfalls da. Hier gab es auch einen Tisch und bequeme Stühle.

Jolene strahlte die beiden an: "Kommt rein, ich habe schon auf euch gewartet."

Sie war kaum wiederzuerkennen. Sie hatte sich dezent geschminkt, was ihr Gesicht einfach nur erstrahlen ließ und auch die sonst strubbeligen Haare waren ordentlich frisiert. Ria konnte einen direkt den großen Schminkspiegel und das Make-Up sehen. Außerdem lag ein Kalligraph und ungeschriebenes Papier auf dem Tisch. In einer Ecke stand eine Staffelei mit einem weißen Papierbogen bestückt.