Xid und Auren

[Anne]

Jolene hatte gerade ihr neues Zimmer auf der Krankenstation bezogen. Xid war erleichtert, dass sie die Zelle, in der sie untergebracht gewesen war, nicht mehr benötigte. Er freute sich mit ihr über diesen Erfolg. Doch es gab jemanden, den diese Entwicklung vermutlich nicht gerade glücklich machen würde. Auren Horrain. Trotzdem, wie Tionne bereits gesagt hatte, musste sie davon erfahren. Zu diesem Zweck hatte sich der Therapeut in sein Büro begeben. Er startete einen Anruf mit Bildübertragung an die Doktorin.

[goldie]

Auren nahm das Gespräch an. Ihr hübsches Gesicht war dezent geschminkt, die Haare ordentlich frisiert. Xid konnte sehen, dass sie sich in einem hellen und freundlichen Raum befand.

Sie schaute ihn erschrocken an: "Sie sind Xid Duan, Enrics ehemaliger Therapeut", stellte sie ohne Begrüßung fest. "Warum rufen Sie an? Ist ihm auf seiner Mission etwas passiert? Geht es ihm gut?" Ihr Gesicht war voller Sorge.

[Anne]

"Guten Tag! Machen Sie sich keine Sorgen, ich rufe nicht wegen Enric an. Wir haben seit der Abreise der Tal She nichts von ihnen gehört und sie werden auch erst in ein paar Wochen zurück erwartet. Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Es gibt jedoch etwas anderes, worüber ich mit Ihnen gern sprechen würde. Haben Sie einen Augenblick Zeit?" Xid ließ es sich von Auren bestätigen, dann kam er zum eigentlichen Grund seines Anrufs. "Wie Sie wissen, war Miss Whiteflake bei Ihrer Anreise auf diesen Planeten schwer erkrankt, sodass sie unter einigen Sicherheitsvorkehrungen von uns untergebracht werden musste. Dank intensiver Therapie und einer medikamentösen Behandlung können wir nun erfreulicherweise sagen, dass es Miss Whiteflake deutlich besser geht. Wir sehen keine Veranlassung mehr dazu, sie einzusperren. Sie darf sich nun frei im Praxeum bewegen, es jedoch im Moment nur mit Begleitung verlassen. Ich sage Ihnen das, weil wir noch einmal darauf hinweisen möchten, dass es zur Zeit wahrscheinlich keine gute Idee wäre, wenn Sie beide aufeinander treffen würden. Deshalb möchte ich Sie bitten, dem Praxeum fern zu bleiben. In der Stadt muss Ihnen Miss Whiteflakes zurückgewonnene Freiheit jedoch keine schlaflosen Nächte bereiten. Wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass meine Patientin keine Gefahr mehr für Sie darstellt, hätten wir diesen Schritt nicht getan."

[goldie]

Auren atmete auf: "Danke, dass Sie Entwarnung wegen Enric gegeben haben, ich dachte schon... Ich hatte nicht wirklich vor, noch einmal ins Praxeum zu kommen, so spannend es da auch sein mag. Ich kann verstehen, dass es Vorbehalte gegen mich gibt, auch wenn diese unberechtigt sind. Und wegen Jolene... Sind Sie sich wirklich sicher, dass sie nicht auf Rache sinnt? In ihren Augen muss es so aussehen, als hätte ich ihr Enric weggenommen. Und sie hat mich schon bedroht, als die beiden noch ein Paar waren."

[Anne]

"Jolene hat in den letzten Wochen eine ganz erstaunliche Entwicklung zurück gelegt. Fast möchte ich behaupten, dass sie nicht mehr die Person ist, die Sie kennengelernt haben. Sie haben sie leider in einem ungünstigen Moment getroffen, als es ihr ohnehin schon nicht gut ging. Ich möchte damit nicht rechtfertigen, was Jolene Ihnen gegenüber getan haben mag. Aber ich möchte, dass Sie verstehen, dass die Vorstellung, die Sie von dieser Person entwickelt haben, möglicherweise nicht mehr stimmt. Natürlich haben wir auch thematisiert, wie sie Ihnen gegenüber eingestellt ist und gründlich abgewogen, ob eine Gefahr besteht. Bitte glauben Sie mir, dass Ysanne und ich uns sicher sind, dass dem nicht so ist. Sonst hätten wir ihr diese neuen Freiheiten nicht gewährt", bekräftigte Xid, was er zuvor schon gesagt hatte. "Darf ich fragen, wie es Ihnen geht und wie Sie sich eingelebt haben?"

[goldie]

Auren zögerte einen Moment. Dann sagte sie höflich: "Es geht mir gut, danke der Nachfrage."

[Anne]

"Verzeihung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten und Sie auch ganz gewiss nicht therapieren. Ich habe mir nur gedacht, dass es bestimmt nicht leicht ist, hier mehr oder weniger allein nochmal völlig neu anzufangen. Aber ich verstehe es, wenn Sie mit mir nicht darüber reden möchten", antwortete Xid. Er hatte nicht vor, Auren zu einem Gespräch zu drängen. Möglicherweise hatte sie Vorbehalte gegen ihn, weil er der Therapeut von Jolene war. Doch eine Sache wollte er nicht loswerden.
"Denken Sie bitte übrigens nicht, ich hätte etwas gegen Sie oder Ihren Freund, weil ich mir bei unserem letzten Zusammentreffen wenig Zeit genommen habe. Ich muss zugeben, dass ich etwas verstimmt war, da ich am Tag zuvor gerne eine Meinungsverschiedenheit zwischen Enric mit mir angesprochen hätte. Dies war jedoch nicht möglich, weil er sich unsichtbar gemacht hat und verschwunden ist. Ich werde mit ihm darüber sprechen, wenn er zurück ist. Denn tatsächlich mag ich ihn eigentlich gern. Ich bin Enric noch immer dankbar, dass er mir ermöglicht hat auf Gateway neu anzufangen. Natürlich hoffe auch ich, dass er bald gesund zurück kehrt. Aber machen Sie sich keine allzu großen Sorgen. Bisher hatte er ein erstaunliches Talent dafür, sich aus misslichen Lagen heraus zu finden. So wird es gewiss auch diesmal sein."
Xid lächelte freundlich, erwartete aber nicht, dass seine Worte etwas daran ändern würden, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte.

[goldie]

"Oh, er hatte gar nicht erzählt, dass es eine Meinungsverschiedenheit gab. Tatsächlich redet er immer in den höchsten Tönen von Ihnen. Ich hatte mich schon sehr gefreut, Sie persönlich kennenzulernen... Doch anscheinend habe ich einfach den falschen Tag erwischt. Besuchen Sie uns doch gern einmal zum Essen, wenn Enric zurück ist. Es tut gut, dass Sie ihm so viel zutrauen. Es wirklich unglaublich, was er alles kann. Die anderen natürlich auch. Ich war so überrascht und fasziniert, als sich alles als wahr herausgestellt hat. Also das Kor, oder die Macht, wie die Jedi es bezeichnen. Wissen Sie, jede Kultur, mit der ich mich diesbezüglich befasst habe, weist eine andere Integration dieser Energie auf und die spezifische Definition ist jeweils eine unterschiedliche. Doch alle Anzeichen weisen darauf hin, dass es sich in all diesen Kulturen um ein und dieselbe Basis handeln könnte. Hach, das wäre auch ein sehr spannendes Forschungsthema. Doch ich bin sehr glücklich, die Tal-She zusammen mit Enric erforschen zu können. Er - und natürlich auch die anderen - haben so viel Material gesammelt. Trotz der bisherigen Katalogisierung und Kategorisierung sind noch so viele Fragen offen, so viele Ansätze, die verfolgenswert sind. Es ist wirklich ein überaus interessantes Forschungsfeld." Sie strahlte Xid beglückt an.

[Anne]

"Wunderbar, das freut mich für Sie." Er schmunzelte über Aurens begeisterte Ausführungen. "Ich komme sehr gerne Mal zum Essen vorbei, wenn Enric zurück ist. Darf ich fragen, wo Sie aktuell leben?"

[goldie]

"Wir wohnen im Stadtzentrum, in einem der Upper Apartments", nannte sie eine der teuersten Wohngegenden in der Stadt. "Ihnen wird es hier gefallen. Und ich werde Ihnen ein wunderbares Menü zaubern. Viele, die ich kennengelernt habe, wissen ja nicht einmal, dass man auch manuell kochen kann. Sie werden überrascht sein." Sie lächelte ihn an.

[Anne]

"Da hatten Sie aber großes Glück, dass Sie in dieser Lage so schnell eine Wohnung gefunden haben. Es ist wirklich eine schöne Gegend dort. Und ganz sicher sind Sie eine exzellente Gastgeberin. Davon, auch gelegentlich manuell zu kochen halte ich sehr viel. Die Jedi hier tun das gelegentlich auch. Ich denke, solche Tätigkeiten tun den Machtsensitiven gut, um sich gewissermaßen zu erden und man könnte es wie eine Art Meditation betrachten. Ich weiß im Übrigen, dass es nicht immer ganz leicht ist mit Machtwirkern zusammen zu leben, wenn man es selbst nicht ist. Sie wirkten vorhin sehr fasziniert davon und scheinen sich über die Begabung Ihres Freundes zu freuen. Anscheinend haben Sie beide also erst einmal einen guten Umgang damit gefunden."

[goldie]

"Oh ja, wir kommen wirklich wunderbar damit zurecht." Kurz wirkte sie abwesend, als sie an Rias Warnung dachte. Doch dann lächelte sie Xid einfach wieder an und fuhr fort. "Es ist wirklich faszinierend, was er alles kann. Was die Jedi, im Allgemeinen können. All diese Mythen, die in verschiedenen Kulturkreisen erwähnt wurden - nichts davon reicht an die Wahrheit heran. Wissen Sie, oft sind Überlieferungen ja nur Bruchstückhaft. Wie bei einem Puzzle, bei dem die Hälfte der Teile fehlt. Und findet man ein neues Teil, so kann sich das gesamte Verständnis, das man glaubt bisher gewonnen zuhaben, in eine völlig neue Richtung entwickeln. Das darf man nie vergessen, wenn man sich mit historischen Funden auseinandersetzt. Aber genau deswegen ist es so faszinierend. Weil jeder weitere Fund der Wahrheit ein kleines Stückchen näher rückt." Sie strahlte. Ganz offensichtlich liebte sie es, über ihre Arbeit zu reden.

"Ich hätte nicht gedacht, dass jemand außer Enric und mir Interesse am manuellen Kochen hat. Sie haben Recht, es erdet. Nicht nur die Jedi. In unserer hoch-technologiedurchfluteten Welt, ist die Nähe zu etwas wirklich handfestem überaus beruhigend. Was mögen Sie denn gern? Also zum Essen? Und wie sieht es mit einem edlen Tropfen aus?"

[Anne]

"Machen Sie sich bitte keine Umstände. Ich esse alles außer Daro Wurzeln. Und gut, dass Sie wegen des Alkohols fragen. Ich trinke nicht. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich einige Jahre lang auf einer Suchtstation gearbeitet. Meine Schwerpunkte liegen bei Süchten und Traumatherapie. Jedenfalls bekommt man dadurch wohl einen anderen Blick auf diese Dinge", antwortete Xid. Er zweifelte ein bisschen daran, dass dieses gemeinsame Essen jemals zustande kommen würde, ließ sich aber nichts anmerken.
"Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich es anspreche. Ich habe nur erfahren, dass die letzte Mission der Tal She für Sie ebenfalls ziemlich aufwühlend und beängstigend gewesen sein muss. Ich kenne ein paar gute Kollegen in der Stadt, falls Sie dahingehend Bedarf haben sollten."

[goldie]

"Oh, ich verstehe. Entschuldigung. Das hätte ich mir denken können, dass Sie nichts trinken. Wir finden schon etwas für Sie."

Auf Xids Angebot zögerte sie. Dann sagte sie: "Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie mir die Kontaktdaten zukommen lassen würden."

[Anne]

"Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen. Ich schicke Ihnen die Kontaktdaten gleich zu. Kann ich ansonsten noch irgendwie behilflich sein?"
Xid hatte schon lange nicht mehr mit einer so ausgesucht höflichen Person geredet. Recopia musste seinem Eindruck nach ein netter, wenn auch etwas umständlicher Ort sein.