Auf der Krankenstation

[Anne]

Ria verdrehte genervt die Augen. "Nee, hab ich nicht. Und wenn, wärst du bestimmt die Erste, die's erfahren würde." Sie legte sich auf die Decke, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schaute hinauf in den blauen wolkenlosen Himmel. "Weißt du, wenn du morgen Langweile hast und nicht weißt, was du mit Xid bequatschen sollst, dann frag ihn Mal, warum du immer alles von anderen wissen musst aber nie was von dir erzählen willst..."
Sie wirkte nicht sauer, eher so als wollte sie Jolene ein bisschen necken.

[goldie]

"Was willst du denn wissen?"

[Anne]

"Warum macht ihr immer so ein Geheimnis um eure Familie? Du und Corbyn, ihr tut immer so, als wärt ihr heimlich eine Adelsfamilie im Exil oder so. Bloß, das kann's nicht sein. Dann wärt ihr wohl 'n bisschen feiner unterwegs. Jedenfalls darf bloß keiner wissen, woher ihr kommt und wie eure Familie so drauf war", antwortete sie.

[goldie]

Jolene betrachtete ihre Freundin nachdenklich. Dann schaute sie sich um, ob jemand in der Nähe war.

"Vater war..." Jolene zögerte. Atmete durch. "Er gehörte zu den mächtigsten Verbrecherbossen auf unserem Planeten. All das hier", sie machte eine umfassende Handbewegung "hätte ihn sehr wütend gemacht. Jetzt weißt du, warum Corbyn und ich so gute Agenten sind."

Angespannt betrachtete sie Ria.

[Anne]

"Oh wow. Na das kommt jetzt zumindest nicht ganz unerwartet bei euren Talenten..." Sie wirkte davon nur mäßig beeindruckt. "Was hätte euer Dad denn gegen das Praxeum und dagegen, was ihr so macht? Hast du auch Verbrechen begangen, bevor deine Familie gestorben ist?"
Sie richtete sich wieder auf. Zum einen, weil sie sehr gespannt darauf war, was Jolene zu erzählen hatte. Auf der anderen Seite wollte sie aber auch ein Auge darauf haben, wann Corbyn sich näherte. Dann würde sie versuchen, noch rechtzeitig das Thema zu wechseln. Bestimmt würde es ihm nicht passen, wenn sie etwas über seine Vergangenheit erfuhr.

[goldie]

Auch Jolene hielt die Umgebung im Auge. Sie wollte nicht, dass zufällig ein Schüler vorbeikam und diese Dinge über sie erfuhr. Zumindest war sie erleichtert, dass Ria es so positiv aufnahm.

"Es hätte schon ausgereicht, dass wir etwas tun was er nicht für uns vorgesehen hatte. Und dann noch etwas für die "gute" Sache tun. Für die Republik... Er wäre wahrscheinlich stolz auf mich gewesen, wenn ich stattdessen Malgus gefolgt wäre. Ach, egal... Und natürlich habe ich Verbrechen begangen. Spionage und Sabotage war unser Schwerpunkt. Aber ich habe nie jemanden getötet, bevor die Techsig kamen."

Jolene atmete durch. Ihr Blick verlor sich in der Ferne.

[Anne]

"Irgendwie erklärt das einiges", bemerkte Ria. Sie dachte über das nach, was Jolene erzählt hatte. "Oh man, Enric wäre bestimmt nicht der Schwiegersohn gewesen, den dein Vater sich gewünscht hätte." Sie äffte ihn nach: "Entschuldigen Sie, Mr. Silverdust oder Whiteflake oder wie auch immer, haben Sie denn auch den Arbeitsschutz bei Ihrem nächsten Überfall überdacht? Ich möchte Ihnen hierzu gerne stundenlang einen Vortrag halten!" Sie kicherte.
"Und überhaupt... Bist du manchmal... wie soll ich's sagen? Froh? Nee... Ich meine, denkst du manchmal, dass es besser so ist, wie alles gekommen ist? Ich denk Mal, du hättest keine Lust gehabt, dein Leben lang für irgendeinen Gangster zu arbeiten und Corbyn wahrscheinlich auch nicht, oder?"

[goldie]

Jolene musste lachen, als Ria sich über Enric amüsierte. "Das ist wirklich eine komische Vorstellung. Aber auch nur, weil es niemals so gekommen wäre. Ich hätte mich damals nie im Leben für so jemanden wie Enric interessiert. Völlig ausgeschlossen. Aber wenn du in so einer Familie aufwächst, dann ist das normal, was da passiert... Jetzt sehe ich das ein bisschen anders."

Jolenes Kopf ruckte herum. Für Ria war weder etwas zu hören, noch zu sehen. Jolene schaute hinunter auf den Pfad, der unweit von ihnen vorbeiführte. Dann seufzte sie. "Hast du ihm geschrieben, wo wir sind?" Noch war von ihrem Bruder weder etwas zu hören, noch zu sehen.

[Anne]

"Entweder das, oder er hat deine besondere Gabe des Findens, ohne dass er's selber schnallt." Ria zwinkerte ihr zu. Sie spähte angestrengt in die Richtung, in die Jolene schaute, konnte jedoch nichts erkennen. "Ich seh nix. Wie machst du das nur? Du kannst echt gruselig sein, irgendwie... Es passiert einfach nichts, ohne dass du's mitkriegst."

[goldie]

"Hörst du nicht seine Schritte? Das ist eindeutig er. Hm, ich habe nie in Betracht gezogen, dass er machtsensitiv sein könnte."

Nun endlich war Corbyn zu sehen. Als er näher kam, rief ihr: "Da seid ihr ja. Habt ihr mir noch Kuchen über gelassen?"

Jolene verdrehte die Augen und überließ es Ria zu antworten.

[Anne]

"Ich könnt mir gut vorstellen, dass er's ist. Der kann so unwahrscheinlich gut schleichen. Nicht Mal ich krieg das mit, wenn er's drauf anlegt", sagte Ria. Dann fiel ihr auf, dass es vielleicht nicht so klug war, Jolene gegenüber anzudeuten, dass er ihr Mal gefolgt war, ohne dass sie es mitbekommen hatte. Die Geschichte hinter dieser Begebenheit ging sie nichts an. Also war sie fast froh, als sie Corbyn rufen hörte und das Thema somit nicht weiter erörtert werden konnte. Als Ria feststellte, dass Jolene nicht antwortete, rief sie: "Nee, Momong. Alles aufgegessen. Da musst du uns nächstes Mal wohl früher finden..."
Das war natürlich geschwindelt. Ria hatte ihm von allem etwas übrig gelassen.

[goldie]

Schon war Corbyn bei ihnen und grinste. "Ich glaub nicht, dass ihr solche Kuchenvernichter seid." Er streckte seine Hand schelmisch nach dem Picknickkorb aus.

"Sag mal, wie hast du uns überhaupt hier gefunden?" fragte Jolene lauernd. Die Sache mit der Machtsensitivität wollte ihr nicht aus dem Sinn gehen.

Irgendetwas in ihrer Stimme ließ Corbyn hellhörig werden: "Ich bin dem Kuchenduft gefolgt?" Es war eher eine Frage als eine Antwort.

Jolenes Augen verengten sich, als sie eingehend ihren Bruder betrachtete.

[Anne]

Offenbar wollte Corbyn ihr auch nicht sagen, dass Ria es gewesen war, die ihm die Koordinaten geschickt hatte. Also versuchte Ria es mit einem Ablenkungsmanöver: "Na, du kannst hören wie ein Rancor und er riecht eben wie ein Nexu - haha, nichts gegen deinen Duft, Momong. Ich meinte nur, dass du gut darin bist. Hey sagt Mal, es ist doch so warm heute. Wollen wir später noch schwimmen gehen?"
Sie lächelte beide unschuldig an.

[goldie]

Jolene schmunzelte über Rias Scherz. Auf ihren Vorschlag antwortete sie skeptisch: "Baden? Bist du verrückt geworden? Bloß nicht!"

Corbyn hatte sich sein Kuchenstück inzwischen aus dem Korb geangelt. "Ihr Mädels wollt mich bestimmt nicht ohne Badehose sehen." Er grinste. "Also wohl lieber nicht."

Jolene verdrehte die Augen. "Ganz bestimmt nicht."

[Anne]

"Wieso, könnt ihr nicht schwimmen, oder was? Und Corbyn, mach dir keine Gedanken, wir Jedi baden natürlich alle in Robe. Du weißt ja, dass zu viel Spaß zur dunklen Seite führen würde", scherzte sie. Erleichtert stellte sie fest, dass Jolene nicht weiter darauf eingegangen war, wie ihr Bruder hergefunden hatte.