Die Therapie geht weiter

[goldie]

"Danke." Jolene lächelte ihre Freundin an. Auch bei ihr waren Höflichkeiten wie bitte und danke in der Vergangenheit rar gewesen.

"Ich bin entlassen worden, alles war perfekt. Ich hatte mein Kinderheim, alle haben sich für mich gefreut. Und dann ging der Horror los. Enric hatte Koi geklont, also ein vierjähriges Kind... Ich sollte mich um ihn kümmern. Dann sind die anderen von der Mission zurückgekommen. Enric war tot und alle sagten, ich soll froh darüber sein. Und dann hat das Xar-kling-shar angegriffen und alle ohne Jerzersha haben angefangen sich gegenseitig umzubringen - was im Endeffekt alle waren, weil Vela und Syron mir ihre gegeben haben, weil sie die ganze Tal-She Sache auf einmal albern fanden. Ende vom Lied war, dass Corbyn und ich mit der KAV ins Xar-kling-shar gerast bin, während ich dieses Macht-Leuchte- Ding gemacht habe, was ja das Metall schwächt. Dann bin ich aufgewacht. Corbyn war jedenfalls total stolz auf mich." Sie lächelte bei dem Gedanken.

[Anne]

Ria lächelte auch. "Ziemlich mutig, Kirsche. Aber du weißt, dass es in Wirklichkeit anders laufen würde. Selbst wenn Momong nicht durchdrehen würde... Sobald du ihm sowas erzählen würdest, dass du dich für alle opfern willst, würde er dir einen Betäubungsschuss reinknallen. Wenn du aufwachst, wäre Gateway hin aber ihr in Sicherheit. Ich meine, ich kenn ihn jetzt nicht soo gut, ich kann's mir einfach nur nicht vorstellen, dass er das zulassen würde... Und, ähm, was diesen Klon von Koi angeht - das macht der doch nicht in echt, oder? Zuzutrauen wär's ihm irgendwie..."

[goldie]

"Mit Corbyn hast du vermutlich recht. Aber Enric würde sowas nicht machen. Das sollte sowas wie ein gemeinsamer Sohn sein, wo aber die Trennung dazwischen kam. Aber in der Realität will Enric keine Kinder. Nicht, dass es noch eine Rolle spielen würde. Hast du eigentlich auch ständig Alpträume?"

[Anne]

"Ich? Nö. Ich schlafe wie ein Stein", sagte Ria, doch dann räumte sie ein: "Na ja inzwischen zumindest. Das war auch nicht immer so."
Sie schaute auf ihren künstlichen Arm und wirkte einen Moment lang abwesend.

[goldie]

"Du hast es gut. Hat es irgendwann alleine aufgehört oder hast du was bestimmtes gemacht? Bei mir ist es zwar besser als früher, aber ganz werde ich die wohl nicht los. Auf Boranda war es am schlimmsten." Auch ihr Blick verlor sich. Noch immer konnte sie sich einige der Alpträume lebhaft ins Gedächtnis rufen.

[Anne]

"Du denkst halt zu viel nach über alles. Was war kannst du nicht ändern. Und die Probleme, die noch kommen, musst du dann angehen, wenn sie da sind. Und dazwischen ist meistens alles ganz ok. Ich habe eine Zeit lang Sachen, die ich erlebt habe im Traum nochmal gesehen. Aber ich bin da jetzt einfach drüber hinweg. Und ansonsten ist mein Leben ja auch nicht übel. Du hast außerdem ja auch einfach viel mehr Mist erlebt. Ich denke aber schon, dass das irgendwann besser ist. Spätestens, wenn du dich zur Ruhe setzt und ein entspanntes Leben hier auf Gateway hast."
Ria dachte nach. "Hast du nicht Mal was dagegen genommen? Wie sieht's denn damit aus, wenn dich das immer noch so mitnimmt?"

[goldie]

Jolene lachte auf: "Mich zur Ruhe setzen? Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich so alt werde. Damit hab ich mich längst abgefunden. Das Blöde an den Tabletten ist, dass das Zeug süchtig macht. Das kann ich echt nicht nochmal gebrauchen. Es ist aber auch wesentlich besser geworden inzwischen. Es hilft, zu erkennen, dass nichts davon real ist und zu wissen, dass ich nicht in die Zukunft sehen kann, es also einfach alles nur Träume sind. Enric hat mir immer so geholfen, wenn ich schreiend aufgewacht bin..." Sie seufzte. "Du machst das schon richtig. Hältst dich komplett von den Kerlen fern. Die machen nur Ärger. Hab meinen Lebtag nichts anderes erlebt."

[Anne]

"Hmh..." Ria sah etwas betreten aus dem Fenster in den Garten. Erinnerungen aus der letzten Nacht wallten plötzlich wieder auf. Zum Glück war Ria nicht der Typ dafür, schnell zu erröten. "Richtig vernünftig bin ich..."
Dann wandte sie sich wieder lächelnd Jolene zu. "Hey, du musst Mal meinen Vater fragen, wie er mit dem ganzen Mist zurecht kommt. Er hat ja das gleiche durch wie du. Vielleicht zeigt er's mir nur nicht, aber ich hab immer das Gefühl, dem geht's blendend. Hat vielleicht die richtige Jedi Technik für sich gefunden oder so..."

[goldie]

"Das gleiche wie ich? Ganz bestimmt nicht. Sein Leben war voller Einhörner und Regenbögen, wenn man es mit meinem vergleicht. Selbst wenn es ihm gut geht, was soll er mir schon erzählen? Oh, lass mich raten. Er würde mir empfehlen zu meditieren. Lass mal, ich hab schon alles an der Hand, was ich brauche. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder einsatzfähig bin. Es ist gut, dass du nicht so nen Knacks weghast, wie ich. Kodex und Meditieren sind schon gut. Und drüber reden. Also, wenn mal was ist, kannst du ruhig zu mir kommen."

[Anne]

"Regenbögen und Einhörner? Was weißt du eigentlich wirklich über ihn, hm? Wenn ich als Außenstehende so mitkriege, wie du und dein Bruder über eure Vergangenheit redet... Von eurem Pool und euren Privatlehrern und wie dein Gangster Dad dich verwöhnt hat, Princess... Da denke ich mir auch, du bist in einer rosa Glitzerwolke aufgewachsen und hattest absolut alles. Ich meine, ganz so kann's ja nicht gewesen sein. Sonst hätten Momong und du nicht so einen Dachschaden. Aber da siehst du Mal, dass du einfach keinen Plan hast, was bei anderen Leuten im Leben abgeht... Hast du dir eigentlich deshalb so einen Schnösel ausgesucht? Weil eine Princess sich mit dem gemeinen Volk nicht abgibt und sich deshalb lieber Herrn von und zu aus dem Kern klar macht, der sich garantiert auch noch nie in seinem Leben um was Gedanken machen musste?"
Sie wirkte etwas belustigt, ihre Frage zeugte jedoch von ehrlicher Neugier. "Ach ja und danke fürs Angebot mit dem drüber reden. Vielleicht komm ich Mal drauf zurück, aber eigentlich mag ich's nicht Probleme tot zu quatschen. Ich probiere lieber selber damit irgendwie klar zu kommen..."

[goldie]

"Da war nichts mit Glitzern... Aber ist auch egal. Wie du sagst, wozu Dinge totquatschen." Dann dachte sie an Enric. "Das verstehst du nicht. Enric war so anders als alle, die ich kannte. Ich war ihm wichtig. Ich glaube, er hat mich wirklich geliebt." Sie atmete durch. "Wie war das? Nach vorn schauen... Gibt ja schließlich genug zu tun."

[Anne]

"Jup... Sind wir durch mit dem Planen der Rettungsmission? Oder gab's da noch was zu tun?"

[goldie]

"Wir brauchen erstmal neue Infos, wo die sind", seufzte Jolene. "Eine Kennung für das Schiff könnte ich vom Geheimdienst kriegen. Dummerweise muss ich dafür vor Ort aufkreuzen. Die anderen sollen sich mal ranhalten und ihre Hintern in irgendein Schiff schwingen. Mir wäre es wesentlich lieber, wenn die das selbst geregelt kriegen und wir hierbleiben können."

[Anne]

"Die kriegen das schon hin. Oder hast du so gar kein Vertrauen in deine Kollegen? Ich mein, die haben doch auch schon andere Sachen ohne dich überlebt, oder?"

[goldie]

"Du meinst diesen primitiven Planeten, die nicht mal Schiffe und Waffen hatten? Meisterleistung." Jolene verdrehte die Augen.