Nacht auf Mythraspera

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Marsl
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Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 09.08.2011 01:30

Dunkelheit. Irgendwo über sich erahnte Berenius schwach die Zeltdecke, die jeden Blick auf die so vertraut wirkenden Sterne verdeckte. Am anderen Ende des Zeltes brannte zwar eine Kerze, doch ihre Flamme war klein und schwach. Auch wenn wahrscheinlich nur einer seiner Zeltgenossen den Docht so weit gekürzt hatte, dass sie zwar Licht spendete, einen jedoch nicht beim Einschlafen störte, konnte Berenius sich des Eindrucks nur schwerlich erwehren, dass auch die Flamme um die geliebte Tochter Ignis' trauerte. So vieles hatte sich in den vergangenen Wochen geändert. So viel Vertrautes war aus seinem Leben entschwunden. Einzig die Sterne schienen eine stoische Ruhe auszustrahlen. Eine Konstante, die ungeachtet all des Wahnsinns in der Welt weiterhin den Menschen ihr Licht schenkte. Umso mehr betrübte es ihn, dass sein Blick die dicke Zeltplane nicht durchdringen konnte. Doch aufstehen mochte er nicht. Er fühlte sich müde und erschöpft und geistig vollkommen ausgelaugt. Er spürte noch immer das Pochen in den geschwollenen Füßen, das Ziehen in den Waden. Und obwohl sein Körper und sein Geist nach Schlaf verlangten, lag er weiter wach.
Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er sie. Auf der einen Seite Menschen, wie er. Nun ja, fast wie er. Sah man davon ab, dass ihnen das Fleisch brockenweise von den bleichen Knochen hing. Der süßliche Gestank der Verwesung hatte ihm fast die Sinne geraubt und die krauchenden Maden auf der fauligen Haut hatten ihm spürbar den Magen umgedreht. Doch am schlimmsten waren die Augen. Die leeren, gebrochenen Augen. Zwar hatten die Untoten viele Regungen gezeigt, sei es Hohn, Hass oder eine perverse Lust am Schmerz und Leid der Lebenden, doch hatte Berenius diese Regungen nie in ihren Augen sehen können. Sie schienen ihm vollkommen emotionslos zu sein. Eine Maschine, die dafür gebaut war, Regungen zu demonstrieren, die sie nie selbst haben konnte. Und dann kamen die Schreie von hinten. Es ist eine Falle gewesen. Gefangen zwischen dem untoten Fleisch und dem schwarzen Eis, die mit aller Gewalt gegen die dünnen Schlachtreihen der Verteidiger brandeten. Es gab kein hinten mehr, keine halbwegs sichere Zuflucht. Während die Untoten allein noch wie die Fliegen gefallen waren, rieben die beiden Trupps gemeinsam nun die Verteidiger ihrerseits auf. Neben sich hörte Berenius einen Schrei und mit einem lauten Schmatzen fiel der schwere Kriegshammer Antarions in den aufgewühlten Schlamm des Schlachtfeldes.
Panik!
Mit einem Mal setzten sich Berenius' Füße in Bewegung. Der Kopf hatte sich längst schon abgeschaltet und betrachtete nun das Geschehen wie ein unbeteiligter Zuschauer. Mit einigen großen Sätzen rannte er im Zickzack an einigen Kämpfenden vorbei, fand auf einmal eine Lücke und sprintete hindurch.
Jetzt, in der Nacht und im Zelt erschien ihm alles so unwirklich und als ob es schon Ewigkeiten her sei. Wie kann es sein, dass ihn keiner der Gegner beachtet hatte? Wie kann es sein, dass kein einziger Pfeil auch nur in seine Richtung geschossen wurde? Hatte vielleicht Rondus seine schützende Hand über den verängstigten Gehilfen gehalten? Wenn Berenius ehrlich war, gab es dazu keine Alternative. Auch dass Antarion nichts ernstes geschehen war, konnte er sich kaum anders erklären. Die Elemente waren es jedenfalls nicht, so viel stand fest. Das Gespräch mit der Waffenmeisterin Aeris' hatte ihm viele neue und interessante Blickwinkel auf die Elemente und deren Rolle gegeben, doch seine Grundeinstellung gegenüber den Elementen hatte sich schon zu sehr gefestigt. Ihr Blick galt dem fernen Ziel und niemals dem einzelnen, kleinen Menschen. Niemals würde sich ein Element für Berenius' Schicksal interessieren und wenn sie es täten, dann nicht aus den Gründen, die ihn überzeugen würden.
So viel war geschehen. So viel würde noch geschehen. So vieles, dass er lieber nie erlebt hätte. Doch Berenius spürte, dass er nicht mehr zurück konnte. Sein Leben hatte sich verändert. Er selbst hatte sich verändert. Ein einfaches Leben würde ihn schon jetzt, nach diesen wenigen Wochen nicht mehr befriedigen. Jetzt, wo er wusste, wie groß und mannigfaltig die Welt da draußen tatsächlich war und wie klein und unbedeutend sein bisheriges Leben im Vergleich gewesen ist...
Ein leises Rascheln riss ihn aus seinen Gedanken. Jemand kam herein. Kein Wunder, war Berenius heute zeitiger als die meisten anderen im Zelt verschwunden. So hob er leicht den Kopf um zu schauen, wer in das dämmrige Zwielicht des Zeltes treten würde.
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Annabelle
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 09.08.2011 11:35

Eine dunkle gestallt kommt in das Zelt hinein. ein leistes klimpern verrät wer sich unter dem umhang steckt. Brommel geht auf ihr Bett zu und legt sich hin. nach kurzer zeit hört man ein leises wimmern.

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Marsl
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 09.08.2011 12:34

Eine Weile liegt Berenius noch reglos da, den Blick an das graue Zeltdach geheftet. Unschlüssig knabbert er an seiner Unterlippe. Immer wieder öffnet er leicht den Mund, wohl bereit Brommel anzusprechen, doch jedes Mal schließt dieser sich wieder unverrichteter Dinge, weil ihn im letzten Augenblick dann doch der Mut verlässt. Was könnte er schon sagen? Welche Zuversicht, welche Sicherheit kann er schon geben, wenn er am liebsten selbst zusammenbrechen würde? Doch noch war er es nicht. Noch trug er einen Funken in sich, der ihn bislang vor dem Wahnsinn schützte.
"Schenk mir Kraft, Rondus" waren die Worte, die seine Lippen lautlos formten, ehe er sich auf seiner Schlafstätte aufrichtete.

"Ist alles in Ordnung, Brommel?"
Im selben Augenblick verfluchte er sich schon für diese alberne Frage. Natürlich war es das nicht. Tausend Sachen hätte er sagen können, die besser gewesen wären. Doch nun war die Frage gestellt und so harrte er einer möglichen Antwort.
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 09.08.2011 12:41

Brommel setzt sich erschrocken auf und versucht in der dunkelheit was zu erkennen.
"W-w-w wer ist da ? Berenius bist du das ?"
Brommels stimmt ist deutlich höher als sonst.

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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 09.08.2011 12:56

"Ja, ich bin es. Ich kann einfach nicht schlafen. Es war ein schwerer Tag heute und mein Schädel ist so voll, dass ich den Eindruck habe, es müsste jeden Moment platzen. Wie fühlst du dich? Dir scheint es ja auch nicht so gut zu gehen."

Seine Stimme klingt betont ruhig und sein Blick liegt auf Brommel, deren Konturen er im Zwielicht der schwachen Kerze in etwa erahnen kann.
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 09.08.2011 13:07

"Ja ja mir geht es gut. Es ist so ... so ... anderes als ich es mir vorgestellt habe. " Die dreht den Kopf weg und ihre Stimme fängt an zu zittern
"Ich kann dir noch einen schlaftee machen wenn du möchtest."
Sie macht anstalten aufzustehen.

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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 09.08.2011 13:23

"Nein, nein, lass gut sein. Ich muss mit mir selbst ins Reine kommen ehe ich einschlafe. Sonst träume ich nur schlecht. Mir geht es bestimmt nicht viel anders als dir, bei all dem, was wir erlebt haben. Schmerz, Leid und Verzweiflung. Und davon reichlich. Falls du reden möchtest, habe ich jedenfalls gerne ein offenes Ohr für dich."

Geduldig blickt er in ihre Richtung und lauscht in der Pause den Stimmen von nah und fern, die durch das Lager dringen, das nie zu ruhen scheint.
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 09.08.2011 13:39

"ich ... Ich ... du kennst doch Argus oder? "

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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 10.08.2011 01:31

"Argus? Dieser Hüne mit der Muschelrüstung vom Untoten Fleisch? Ich habe ihn einige Male von weitem gesehen. Zum Glück nie in einem ernsthaften Kampf. Was ist denn mit ihm, dass es dich so bekümmert?"
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 10.08.2011 12:18

"ja genau der.
Er er hat mich verfolgt.die andren konnten alle durch den Wald fiehen aber ich nicht. ich musste weg laufen und dann bin ich in die truppen vom erdlager gerannt. und dann war da eine solche panik alle rannten alle hatten angst und ich bin dann in die stadt gefohen und dann wieder zurück und dann war ich alleine."

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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 11.08.2011 00:10

Nachdenklich betrachtet Berenius den matten Schemen, den Brommels Gestalt in dem schlecht beleuchteten Zelt abgibt, ehe er den Blick auf seine eigenen Hände senkt.

"Mach dir keine Sorgen. So furchteinflößend er auch aussah - in seiner schweren, starren Rüstung ist er nicht gerade schnell. Du hättest bestimmt vor ihm weggehen und dabei noch ein Gläschen Wein trinken können, während er prustend und schnaubend hinter dir zusammengebrochen wäre."

Mit einem schiefen Grinsen betrachtet er weiter seine Hände. Ob Humor in dieser Situation die rechte Wahl war? Wahrscheinlich war es ebenso gut oder schlecht wie alles andere, was er zu sagen vermocht hätte.

"Ich bin davon überzeugt, dass du dich tapfer geschlagen hast. Noch vor ein paar Wochen hätte ich nicht geglaubt, dass du auch nur einen Tag durchgängig wandern kannst und jetzt schau dich einmal an! Du bist gewachsen. Ebenso wie auch jeder andere von uns. Das Grauen und der Schmerz werden wohl nie verschwinden aber sie werden dich auch nicht deinen Verstand kosten. Überleg nur, wie viel Gutes wir noch in diese Welt tragen können. Und mit all den herzensguten Menschen, die mit uns reisen, die für ihr uns unser Schicksal kämpfen, werden wir dafür ohne Frage noch ein langes, erfülltes Leben haben. Mach dir keine Sorgen, Brommel. Rondus hat uns in gute Obhut gegeben."

Versonnen lächelt Berenius vor sich hin, während er die Arme zurück zieht um sich mit den Ellenbogen auf der Schlafstätte abzustützen.
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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Annabelle » 11.08.2011 09:35

"hmmm."
Brommel legt sich wieder hin.
" du glaubst also wirklich an Rondus?"

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Re: Nacht auf Mythraspera

Beitrag von Marsl » 14.08.2011 16:45

"Wie könnte ich an ihn glauben? Zu glauben heißt doch, sich nicht sicher zu sein, ob es ihn gibt, oder nicht? Ich glaube genauso wenig an die Elemente wie an Rondus. Ich weiß, dass es etwas gibt. Eine Kraft die hinter diesen Worten steckt.
Ich glaube die Frage ist viel mehr ob man sie verehrt oder ihnen zumindest mit Dankbarkeit entgegen blickt. Auf der anderen Seite steht dem wohl Gleichgültigkeit, Unverständnis oder gar Ablehnung gegenüber.
Ich muss sagen, dass ich die Elemente nicht verstehe. Ich meine ja, sie sind in dieser Welt und alles um uns herum verdanken wir ihnen. Aber abgesehen davon sind sie nicht wirklich gut oder schlecht. Sie sind einfach, wie Filia Isabel so schön gesagt hat. Sie nehmen scheinbar keinerlei Anteil am Schicksal des einzelnen Menschen, der wie ein Grashalm auf einer großen Wiese ist. Ich will ihnen nicht abstreiten, dass sie die Wiese grün und saftig sehen wollen aber was ist da schon der eine oder andere geknickte Halm?
Deshalb bin ich so dankbar, dass es Rondus gibt. Ich habe nur einen winzigen Teil dessen gelernt, was es über ihn zu wissen gibt aber schon jetzt hat er mich mit seiner nahezu menschlichen Fürsorglichkeit berührt. Er verkörpert die Dinge, die ich für Gut und Richtig befinde. Ich weiß nicht, ob ich irgendwann das Bedürfnis habe, ihn wirklich zu verehren. Für den Moment möchte ich mehr über ihn erfahren, mehr von ihm erleben. Er scheint mir jedenfalls jemand zu sein, dem ich mich sehr nah fühlen könnte."


Einen Moment später setzt er dann mit einem weiteren, schiefen Lächeln nach:

"Ich hoffe ich habe jetzt nicht zu sehr geschwafelt."
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