Eine neue, alte Welt

[Anne]

Eine ganze Weile schwieg auch Enric. Er war etwas überrascht von Aurens Zurückhaltung. Er hatte angenommen, dass sie sich auch darüber freuen würde, wenn sie nun etwas Zeit miteinander haben würden, aber jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Auch verstand er nicht, weshalb sie sich die ganze Zeit so nervös umblickte.
"Was hast du denn? Stimmt etwas nicht?", fragte er schließlich leise.

[goldie]

"Es... es tut mir so leid. Du wirkst zum ersten Mal so glücklich, seit wir uns wiedergesehen haben. Ich will dir nicht die Laune verderben.'

Sie wirkte unglücklich.

[Anne]

"Mach dir darüber keine Gedanken. Du kannst mir alles sagen. Also... Was beschäftigt dich?"
Er lächelte sie aufmunternd an, aber er wirkte auch ein wenig unsicher. Vielleicht fürchtete er, etwas falsch gemacht zu haben.

[goldie]

"Jolene...", begann sie unsicher. "Du hast ihr doch versprochen, dass wir nicht allein miteinander sprechen. Was, wenn sie uns mit ihrer Machtfähigkeit beobachtet?"

[Anne]

"Mach dir ihretwegen keine Sorgen. Jolene wirkte doch vollkommen entspannt als sie uns hier zurück gelassen hat. Ich glaube, wenn sie uns hier vielleicht für Wochen allein lässt wird ihr das schon klar sein, dass wir auch miteinander reden werden. Es war irgendwie ganz seltsam mit Jolene. Sie ist eines morgens aufgewacht und ihre Eifersucht schien überwunden zu sein. Wer weiß, was sie dazu bewogen hat. Aber das ist ja auch nebensächlich. Endlich vertraut sie mir wirklich. Ich dachte auch im ersten Moment, es sei irgendein Trick. Aber jetzt glaube ich das nicht mehr. Sie ist wahrscheinlich einfach nur in sich gegangen und hat beschlossen, dass ihre Ängste unbegründet waren", meinte Enric. Der plötzliche vollkommene Sinneswandel seiner Freundin schien ihn nicht über die Maßen zu beunruhigen.

[goldie]

Auren blieb stehen und sah den Wissenschaftler an:
"Es tut mir leid, Enric. Aber sie lügt dich an. Sie... sie hat mich heute früh bedroht. Es war wirklich beängstigend und für einen Moment dachte ich, dass sie mir etwas antun will." Auren griff sich an den Oberarm, um sich Halt zu geben. Unbewusst hielt sie sich die Stelle, die Jolene morgens mit ihrer Faust getroffen hatte.

[Anne]

"Was sagst du da?" Auch Enric war stehen geblieben und sah Auren entgeistert an. "Das tut mir sehr leid, wirklich! Aber ich kann mir das kaum vorstellen. Vielleicht war es ja ein Missverständnis? Sie hat manchmal eine recht grobe Art aber meint es eigentlich gar nicht so... Was hat Jolene denn zu dir gesagt?"

[goldie]

Auren schüttelte den Kopf: "Das war kein Missverständnis. Sie hat mir aufgelauert, als ich austreten war. Sie ließ mich nicht vorbei, als ich den Container verlassen wollte. Hat sich selbst hinein gezwängt und die Tür hinter sich verschlossen." Unbewusst verstärkte Auren den Griff um ihren Oberarm. "Angeblich wollte sie reden. Offenbar wollte sie, dass ich ganz genau zuhöre, denn sie fragte, ob ich sie richtig verstehe. Und dann hat sie gesagt, ich zitiere: 'Ich weiß jetzt, warum du mir Enric wegnehmen willst'. Du weißt ja, dass ich das niemals tun würde, aber sie scheint nach wie vor felsenfest davon überzeugt zu sein. Was es noch befremdlicher, ja bedrohlicher machte, war die Tatsache, dass sie sagte, sie sei mir nicht böse deswegen und dass es mein Job sei. Dann sagte sie noch, dass ich euch niemals auseinander bringen könne, weil ihr füreinander bestimmt sei. Und dieses falsche Lächeln die ganze Zeit. Ich hatte solche Angst..." Auren brauchte einen Moment, dann fuhr sie mit Bestimmtheit fort: "Du hattest so Recht, als du über sie gesagt hast, sie sei eine gefährliche Psychopathin. Ich wollte es anfangs ja gar nicht richtig glauben. Aber mit ihrer Rüstung und den Waffen, sie war so bedrohlich. Und weißt du, was mir das schlimmste war? Es mag banal klingen... Du weißt ja, dass sie mich von Anfang an geduzt hat. Aber vorhin nannte sie mich die ganze Zeit Dr. Horain und hat mich gesiezt. So stelle ich mir jemanden vor, der gleich völlig die Kontrolle über sich verliert und der keine Rücksicht auf Verluste kennt. Enric, wenn du mit ihr Schluss machst auf Gateway, dann wird sie vor Eifersucht durchdrehen. Ich habe Angst, dass sie dir in ihrer Raserei ein Messer zwischen die Rippen rammt. Und davor, was sie danach mit mir anstellt."
Auren war blass geworden. Enric konnte gut sehen, dass sie um Fassung rang.

[Anne]

Enric hörte sich alles mit ernster Miene an. Von seiner eben noch fast kindliche Freude hier zu sein war nichts mehr übrig. Er zweifelte nicht an der Wahrheit von Aurens Worten. Sie war immer aufrichtig ihm gegenüber gewesen und er kannte sie als jemanden, der es gut mit ihm meinte. Sicher kostete es seine beste Freundin auch Überwindung, ihm davon zu erzählen.
Er legte seine Hände auf Aurens Oberarme und suchte ihren Blick. "Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich immer beschützen. Ich werde es nicht zulassen, dass sie dir etwas antut. Niemals. Hat sie dir wehgetan? Oder damit gedroht?"

[goldie]

"Es tut mir leid. Du hattest so gute Laune und jetzt belaste ich dich damit. Ich habe vor allem Angst um dich. Du sagtest, sie hat schon getötet. Was, wenn ihre Liebe so sehr in Hass umschlägt, dass sie sich erstmal an dir rächen will? Um deine Frage zu beantworten, sie hast mich gegen den Oberarm geboxt. Nachdem ich ihr gesagt habe, dass ich nicht verstehe, was das alles soll. Vielleicht hätte ich einfach schweigen sollen. Oder ihr felsenfest versichern, dass ich keine Absichten bei dir habe. Oder ihr Recht geben und ihr sagen, dass ich die Drohung verstanden habe und den Kontakt zu dir abbreche. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Und dann dieses wahnsinnige Lächeln die ganze Zeit."
Nun konnte Auren doch nicht mehr an sich halten. Erst die Entführung, dann war sie fast erschossen worden und jetzt hatte es Enrics aktuelle Freundin auf sie abgesehen. Die Archäologin begann zu schluchzen.

[Anne]

Natürlich zog Enric sie sogleich sanft an sich. Da er seine Panzerung trug war es vielleicht nicht die bequemste Umarmung, die Auren je erfahren hatte. Er strich ihr tröstend über den Rücken.
"Mach dir keine Sorgen. Du hast nichts falsch gemacht. Danke dass du mir davon erzählt hast."
Er löste sich ein wenig aus der Umarmung, strich der jungen Frau behutsam eine Träne von der Wange und lächelte sie an. "Du wirst sehen, es wird alles gut werden. Du musst nicht um mein Leben fürchten. Jolene und ich waren schon mehrmals getrennt und ich bin immer noch da. Auch wenn du sie fürchtest, Jolene hat sich geändert. Sie ist nicht mehr so unberechenbar wie früher. Sie ist auf dem Weg eine Jedi zu werden und zudem ist sie noch durch den Schwur gebunden, der uns Tal She zur Zusammenarbeit verpflichtet. Ich weiß, dass sie mir nichts tun würde."
Er dachte einen Moment anscheinend an etwas anderes, dann schüttelte er etwas den Kopf und fuhr fort: "Weißt du, das Seltsame ist, dass ich sie eigentlich gar nicht mehr verlassen wollte. Ich dachte, sie hätte einen wirklich großen Schritt damit getan, mich hier zu lassen. Dass sie mir endlich vertrauen kann und über ihre Eifersucht hinausgewachsen ist. Ich dachte, dass vielleicht doch noch alles gut werden könnte zwischen uns. Und dann bedroht sie dich auf einmal und lügt mich an, obwohl sie geschworen hat nicht mehr unehrlich zu mir zu sein...? Es ergibt keinen Sinn. Warum hat sie das nur getan?"
Er schien die Frage eher sich selbst zu stellen, als dass er wirklich mit einer Antwort rechnete. Enric wirkte sehr enttäuscht und verletzt von dem, was er über seine Freundin erfahren hatte.

[goldie]

Auren ließ sich von Enric halten und trösten, so unbequem die Umarmung auch sein mochte. Schweigend hörte sie zu und beruhigte sich langsam wieder.

Als er davon sprach, dass er vorgehabt hatte, Jolene doch nicht zu verlassen, musste sie ihre Überraschung verbergen.

"Sie hat geschworen, dich nicht mehr anzulügen? Das klingt fast so, als hätte sie das schon häufiger getan. Und hast du nicht auch erzählt, dass du früher Visionen hattest, wie sie dich tötet? Du kennst sich besser als ich, um ihre Beweggründe einzuschätzen. Vielleicht hat es etwas mit ihrer Alkoholsucht zu tun?"

[Anne]

"Hat Jolene dir das erzählt? Dass sie süchtig war meine ich?", fragte Enric erstaunt. "Aber daran liegt es bestimmt nicht. Sie ist nie rückfällig geworden soweit ich weiß. Und das mit den Visionen ist auch schon länger her. Was die Lügen betrifft... Ja, das war früher ein sehr großes Problem für uns... Jolene hat mich immer wieder über alles mögliche angelogen. Ihre Familie, ihre Vergangenheit, sogar ihren Namen und ihr Alter. Teilweise war es nachvollziehbar, warum sie Dinge nicht erzählen wollte. Aber ich wünschte, Jolene hätte dann einfach gesagt dass sie es nicht sagen will, anstatt sich irgendwelche Geschichten auszudenken. Und häufig waren es auch andere Sachen aus unserem Alltag. Dass sie über den Tod von Darth Malgus gelogen hat, hatte zu unserer letzten Trennung geführt. Ich hing damals ziemlich an diesem Geist. Aber sie wollte mich glauben lassen, dass er mich im Stich gelassen hätte, obwohl sie wusste, dass er ermordet worden war. Als wir wieder zusammen gekommen waren war das aber viel besser geworden. Oder wer weiß, vielleicht habe ich sie auch nur nicht mehr dabei erwischt..."
Er seufzte.

[goldie]

"Ich glaube kaum, dass Jolene mir so etwas wie eine Alkoholsucht anvertrauen würde. Nein, du hast es mir doch neulich erzählt." Inzwischen hatten sich die beiden wieder voneinander gelöst.

"Es tut mir leid, dass sie dich so maßlos enttäuscht hat. Ob sie sich gebessert hat, müssten wir wohl aus ihrem eigenen Munde hören. Wenn sie denn die Wahrheit sagt. Ich kann es dir nur aus der Außensicht sagen: Sie zu verlassen ist die einzig richtige Entscheidung. Bitte pass gut auf dich auf, wenn du es tust." Noch immer wahr ihr Blick voller Sorge.

[Anne]

"Wirklich, das habe ich dir erzählt?" Er schien darüber nachzudenken, wann das gewesen sein könnte. "Das wollte ich eigentlich gar nicht. Offenbar habe ich neulich doch mehr getrunken als ich dachte."
Es schien ihm trotz allem etwas unangenehm zu sein, das Geheimnis seiner Freundin ausgeplaudert zu haben.
"Vielleicht sollten wir nochmal zu dritt darüber sprechen, was du mir vorhin erzählt hast. Es ist nicht in Ordnung, dass Jolene dir offenbar solche Angst gemacht hat. Gleichzeitig bin ich mir aber auch nicht sicher, was ihre Absichten waren und es würde mich über die Maßen interessieren, was Jolene dazu zu sagen hat", schlug Enric vor.